Russisch-Orthodoxe Kirche erntet scharfe Kritik für Corona-Schuldzuweisung

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Metropolit Mark, Erzbischof der Russisch-Orthodoxen Kirche von Berlin und Deutschland glaubt: Transsexualität, Abtreibungen und Sterbehilfe sind Schuld an Covid-19. Durch Einmischung in die Natur hätte die Menschheit den Zorn ihres Schöpfers auf sich gezogen. Helfen sollen Gebete.

Öfter mal was neues: Nachdem bereits vor zwei Wochen religiöse Fundamentalisten der Community die Schuld an der Pandemie gaben (wir berichteten), nennt Metropolit Mark nun besonders Transsexualität als einen der Faktoren für die derzeitige Lage. Der Würdenträger, der mit weltlichem Namen Michael Arndt heißt, veröffentlichte am 19.3. ein „Sendschreiben“, das auf den Webseiten von mehreren Russisch-Orthodoxe Kirchen erschien.

Darin heißt es, der Mensch habe sich der Apotheose schuldig gemacht, indem er Gott ersetzen wollte und sich gedankenlos in dessen Schöpfung einmischte. Neben Transsexualität nennt der höchste Würdenträger der Russisch-Orthodoxe Kirche in Deutschland auch Abtreibung, Sterbehilfe und andere „Manipulationen der Natur“ als Frevel, die Gottes Zorn auf die Menschheit zogen:

„Schon will der Mensch, durch Legalisierung der Euthanasie, die ihm von Gott bestimmte Zeit seines Todes nicht annehmen; er will nicht den gottgegebenen Unterschied zwischen Mann und Frau anerkennen, die besondere Berufung eines jeden; er ist nicht bereit, das Kindergebären als natürliche Erscheinung seines Lebens anzuerkennen, er lässt Getreide nicht auf natürliche Weise wachsen.“

Da würde es nicht erstaunen, so der Metropolit, dass ständig neue Krankheiten auftauchen, gegen die es keine Heilmittel gebe. Aber der Würdenträger sieht Hoffnung: Gott warte auf die Umkehr der Menschen, verlasse sie nicht. Nun da die Kirchen geschlossen seien, würde morgens und abends je ein Gebet helfen, empfiehlt er Gläubigen.


Scharfe Kritik aus der Politik

Das Gute an solchen Verbalausfällen bekannter und in gewissen Kreisen respektierter Personen ist, dass sie andere zwingt, Stellung zu beziehen und so Öffentlichkeit herstellt. Diverse Politiker verschiedener deutscher Parteien distanzierten sich gegenüber der taz in der Folge klar von den Äußerungen des Würdenträgers.

Foto: lagodinsky.de

GRÜNE

Sergey Lagodinksy, der russisch-jüdisch-stämmige Europaabgeordnete der Grünen, erklärte:

„Wir haben genug Verschwörungstheoretiker, die in der Krise an unserem Demokratiesystem sägen. Wir brauchen nicht auch noch Kirchenmänner, die Hass verbreiten.“


Foto: Deutscher Bundestag / Achim Melde

FDP

Der religionspolitische Sprecher der FDP im Bundestag, Stefan Ruppert, sagte:

„Das Coronavirus als göttliche Heimsuchung in Reaktion auf eine freie Gesellschaft zu interpretieren, ist irrig. Das ist geeignet, Menschen zu verängstigen und nicht Teil einer Lösung.“


Foto: lars-castellucci.de

SPD

Lars Castellucci, der offen homosexuelle religionspolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, glaubt die Ursache der Tiraden zu kennen. Er vermutete:

„Der Mann hat sich im Datum geirrt. Es handelt sich sicherlich um ein Schreiben aus dem Jahr 1020."

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