Corona-Versagen seiner Regierung: Bolsonaro wirft WHO Homo-Propaganda vor

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Brasiliens Präsident Jair Bolsonaro wandelt auf den Spuren von Donald Trump und überhäuft die Weltgesundheitsorganisation (WHO) mit absurden Vorwürfen. Das hat System! 

Vergangenen Donnerstag warf der sich selbst als stolzer Homophober bezeichnende Rechtspopulist der WHO vor, sie ermutige kleine Kinder zu Masturbation und Homosexualität: „Das ist die Weltgesundheitsorganisation, deren Empfehlungen zum Coronavirus ich aus Sicht einiger Leute folgen soll“, schrieb er in einem Facebook-Post, der später entfernt wurde.

Belege für seine Behauptungen lieferte Bolsonaro nicht, sie dürften aber im Zusammenhang mit einem Tweet seines Beraters Arthur Weintraub stehen. Weintraub hatte zuvor behauptet, die WHO würde Kinder im Alter von 0 bis 4 Jahren zur Masturbation ermutigen. Den Tweet verlinkte er mit einer Publikation der WHO aus dem Jahr 2010. 


Absurdes Ablenkungsmanöver

Bolsonaros Angriffe auf die WHO dürften in Verbindung mit seiner höchst umstrittenen Haltung zum Umgang mit der Coronavirus-Pandemie stehen. 92.200 Infizierte und 6.400 Tote meldete die John Hopkins Universität heute – Bolsonaro weist jedoch jegliche Verantwortung von sich. Auf die Frage, wie es denn sein könne, dass Brasilien mehr Corona-Tote habe als China, antwortete Bolsonaro:

„Ich bin Messias Bolsonaro. Aber ich vollbringe keine Wunder.“

Zumindest letzteres ist wohl korrekt, denn Jair Bolsonaro war selbst an COVID-19 erkrankt und ist laut Medienberichten immer noch von starkem Husten geplagt


Schon wieder: Hauptfeind Gender-Studies und Sexualaufklärung 

In Standards für die Sexualaufklärung in Europa wird die Wichtigkeit einer gesunden psychosexuellen Entwicklung von Kindern betont. Hierfür gibt die Publikation Empfehlungen für die Sexualaufklärung von Kindern und Jugendlichen. Die frühkindliche Sexualerziehung hat selbstverständlich nichts mit Anleitung zu sexuellem Verhalten zu tun und die sexuelle Veranlagung eines Menschen kann und muss nicht therapiert werden, niemand kann zu Homosexualität ermuntert werden, sehr wohl aber dazu, sie selbstbewusst als Teil der Persönlichkeit anzuerkennen.

Die moderne Sexualerziehung hilft, schamfreier über sexuelles Begehren sprechen zu können um sich so besser gegen Übergriffe von Erwachsenen zu schützen – seien diese nun sexueller (Missbrauch) oder übergriffig-diskriminierender Natur (Homophobie, Transphobie, Sexualfeindlichkeit, ...) wie es im Fall von Menschen wie Bolsonaro zu befürchten wäre, der seinen eigenen Sohn lieber tot als schwul sähe (das männer* Dossier zum Wutbürger vom Zuckerhut). 


Scham, Moral, Macht

Viele heute erwachsene Menschen können aufgrund religiöser, gesellschaftlicher und in vielen Teilen der Welt staatlicher Indoktrination von Moraldogmen, nicht über ihre Sexualität sprechen, viele sie nicht einmal ausleben. Das weltweite Netzwerk aus fundamentalistischen Einflüsterern und der so genannten neuen Rechten mit ihren Führern Trump, Orban und Bolsonaro, aber auch der Herren Putin und Netanjahu oder der PiS in Polen, wollen daran selbstverständlich nichts ändern: Menschen bei ihrer Scham und Moral greifen zu können, ist eines der wirksamsten Machtmittel – siehe Saudi-Arabien, Iran, die Türkei, Uganda, oder die voraufklärerische Vergangenheit Europas.

Das funktioniert auch dann, wenn diese Moralvorstellungen den Menschenrechten zuwider laufen. Als politisch Verantwortlicher muss man nur die Aufklärung darüber an Schulen und in Medien verhindern („Frühsexualisierung“, „Homo-Propaganda“, „Diskriminierung religiöser Überzeugungen“, usw.) und kann diesen Vorgang sogar noch werbewirksam als heroischen Kampf gegen eine vermeintliche Meinungsdiktatur stilisieren und die Fortschritte in der Durchsetzung der Menschenrechte als schädliche, zersetzende liberale Agenda des jeweiligen politischen Gegners diskreditieren.

Ein Perpetuum mobile des Machterhaltes. 

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