Schwuler Tschetschene zu öffentlicher Entschuldigung gezwungen

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Im September war Movsar Eskarkhanov der erste schwule Mann, der im Time Magazine öffentlich über die Schwulenverfolgung in seiner Heimat sprach und dabei sein Gesicht zeigte. Im November nahm er viele seiner Aussagen in einem TV-Interview zurück und entschuldigte sich dafür, dass er die Ehre seines Volkes verletzt habe. Wie sich nun herausstellt, wurde er zu der Entschuldigung gezwungen.

Foto: Screenshot / time.com

Im Time-Porträt vom September hatte Eskarkhanov, der bereits 2013 vor der Homophobie in seiner Heimat geflohen war und als Flüchtling in Deutschland lebt, die anonymen Berichte über die Verhaftung und Folterung von Schwulen in Tschetschenien bestätigt (siehe blu-Archiv) und streitbar geäußert, dass er sich von den Drohungen seiner Landsleute nicht zum Schweigen bringen ließe. Das war den Machthabern um Tschetscheniens Präsident Ramsan Kadyrow offenbar ein Dorn im Auge. Sie nötigten Eskarkhanov dazu, eine öffentliche Entschuldigung abzugeben, in der er sagte, dass er zum Zeitpunkt des Time-Interviews unter Einfluss von Epilepsiemedikamenten gestanden habe und es ihm leidtue, die Ehre seines Volkes verletzt zu haben. Die Aussagen wurden im November auf Grozny TV gesendet. 

Anfang der Woche distanzierte Eskarkhanov von der öffentlichen Demutsgeste. Gegenüber dem russischen Nachrichtendienst Kavkazsky Uzel enthüllte er, dass er zu der Entschuldigung gezwungen wurde. „Mir wurde sehr deutlich gemacht, dass ich Probleme bekomme, wenn ich nicht den Mund halte und mich entschuldige“, sagt er und stellt damit eine weitere Praktik bloß, die in Tschetschenien nicht unüblich ist. Menschen, die sich öffentlich gegen des Kadyrow-Regime stellen, werden häufig zu öffentlichen Demutsgesten im Fernsehen genötigt.

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