Schweizer Schicksalstag: LGBTIQ* triumphieren bei Volksabstimmung zur „Selbstbeschneidungsinitiative“

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Am 25. November wurde bei der Schweizer Volksabstimmung über eine „Selbstbestimmungsinitiative“ entschieden, mit der die rechtspopulistische Schweizer Volkspartei (SVP) erreichen wollte, dass Schweizer Bundesrecht mehr Hoheit bekommt als Europäisches Völkerrecht . Weil dabei auch LGBTIQ*-Rechte auf dem Spiel standen, warben queere Aktivisten für ein Nein zu diesem Vorstoß. Mit Erfolg

Foto: queeramnesty.ch

Über drei zentrale Themen wurde am 25. November bei der vierten Schweizer Volksabstimmung dieses Jahres abgestimmt: ein Gesetz zur Überwachung von Sozialversicherten, eine Bewegung gegen das Wegbrennen von Kuhhörnern und die Selbstbestimmungsinitiative. Letzere betraf auch die LGBTIQ*-Community. Die von der rechtspopulistischen Schweizer Volkspartei (SVP) angestoßene Selbstbestimmungsinitiative (offizieller Titel: „Schweizer Recht statt fremde Richter“) wurde 2016 durch eine Petition mit 116.428 Unterstützer-Unterschriften ermöglicht. Sie strebte die Priorisierung nationaler Gesetze gegenüber überstaatlichem Völkerrecht an.

Bei einer Annahme der Selbstbestimmungsinitiative hätte Schweizer Bundesrecht unter anderem eine größere Hoheit haben als die Auflagen der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK), mit denen in den vergangenen Jahren international immer wieder queere Rechte (zum Beispiel auf freie Meinungsäußerung, Versammlungsfreiheit oder auch die Registrierung gleichgeschlechtlicher Partnerschaften) durchgesetzt wurden. In Anbetracht der Tatsache, dass die Schweiz im Europäischen Vergleich in Sachen LGBTIQ*-Rechten mitnichten zu den fortschrittlichsten Ländern gehört (keine umfassenden Antidiskriminierungsgesetze besonders für Trans*, keine Ehe für alle, kein Adoptionsrecht für gleichgeschlechtliche Paare), sahen Aktivisten in der Selbstbestimmungsinitiative ein Instrument zur Eindämmung der Bürgerrechte von LGBTIQ*.

Aber nicht nur das. Roman Heggli, Sprecher von Pink Cross, dem Dachverband für schwule und bisexuelle Männer in der Schweiz, sah in den EMRK-Bestimmungen auch einen „Schutz gegen rückständige Kräfte, die uns unsere Rechte wieder wegnehmen wollen.“ Da die Schweizer Bundesverfassung im Zuge neuer politischer Strömungen und Bewegungen immer wieder verändert werden könne, bestehe im Falle einer Annahme der Selbstbestimmungsinitiative die Gefahr, dass LGBTIQ*-Rechte wieder beschnitten würden. Heggli plädierte somit zusammen mit anderen queeren Organisationen in der Schweiz für ein Nein zur Selbstbestimmungsinitiative, die er ironisch als „Selbstbeschneidungsinitiative“ bezeichnete. Das Bündnis Queer Amnesty warb derweil mit einer Kampagne im Superhelden-Look für „Ein queeres Nein zur Anti-Menschenrechts-Initiative“. 

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