Nordafrikas lautstärkster LGBTIQ*-Organisation droht Verbot

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In Tunesien strebt die Regierung mal wieder ein Verbot der LGBTIQ*-Organisation Shams an. Eine gerichtliche Anhörung ist für Freitag anberaumt. Was die queeren Shams-Aktivisten besonders beunruhigt: Die Politiker berufen sich nicht auf die Verfassung, sondern auf die Scharia.

Foto: facebook.com/lgbtrightstunisia

Shams ist eines der rührigsten LGBTIQ*-Bündnisse im nordafrikanischen Raum. Seit die Nichtregierungsorganisation 2015 als gemeinnützig anerkannt wurde, setzt sie sich für LGBTIQ*-Aufklärung ein, gründete mit Shams Rad eine Radiostation (blu berichtete) und macht sich für die Abschaffung von Tunesiens Strafgesetzartikel 230 stark, der gleichgeschlechtlichen Sex verbietet und bei Zuwiderhandlung bis zu drei Jahre Haft vorsieht. Dass im letzten Jahr vom Regierungskomitee COLIBE erste Entwürfe zur Abschaffung oder (alternativ) Abmilderung von Artikel 230 vorgelegt wurden, geht wesentlich auf das Engagement von Shams zurück. 

Gleichzeitig gab es immer wieder Bemühungen von Tunesiens religiösen Gruppen und Politikern, Shams zu verbieten. Im Frühjahr 2016 musste die Organisation infolge einer Klage der tunesischen Regierung für einen Monat ihre Arbeit niederlegen, bis ein Gericht entschied, dass die Klage nicht verfassungskonform war. Seither schwebt das Damoklesschwert des Verbots über Shams, weil die Gegner ankündigten in Berufung zu gehen. 

Am Freitag steht in Tunis mal wieder eine gerichtliche Anhörung bezüglich eines Shams-Verbots an. Laut einem Interview, das Shams-Vorsitzender Mounier Baatour dem britischen Guardian gab, ist der Gerichtstermin der siebte Versuch der tunesischen Regierung, Shams verbieten zu lassen. Die Lage sei besonders kritisch, weil sich die Kläger bei ihrem Verbotsgesuch nicht auf die Verfassung, sondern auf die islamischen Gesetze der Scharia beriefen. Mit Berufung auf die Scharia hatte Brunei kürzlich ein Steinigungsgesetz für Homosexuelle eingeführt (blu berichtete).

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