Kein CSD in Shanghai wegen Chinas Zensoren?

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ShanghaiPRIDE, Chinas ältestes und größtes CSD-Event, wird es in Zukunft nicht mehr geben. Ohne einen Grund zu nennen, kündigten die Veranstalter*innen an, die Schotten dicht zu machen. Anonyme LGBTIQ*-Aktivisten erheben schwere Vorwürfe ...

Am 13. August veröffentlichte das Team rund um die ShanghaiPRIDE einen offenen Brief mit dem Titel „The End of the Rainbow“ und gab bekannt, alle bevorstehenden Aktivitäten abzusagen und keine zukünftigen Veranstaltungen mehr zu planen.

Über die Hintergründe, die zu dieser Entscheidung geführt haben, machten die Organisator*innen keine Angaben. Doch wie schon der Titel liest sich die gesamte Bekanntgabe wie ein wehmütiger Rückblick. Hier einige Auszüge:

In den letzten 12 Jahren haben wir hart daran gearbeitet, die Kultur und Vielfalt dieser Stadt, die wir so lieben, zu bereichern; [...] wir haben Foren veranstaltet, um zu erfahren, wie Shanghai lebendiger und integrativer werden kann; [...] uns ging es immer darum, unserer Gemeinschaft zu zeigen, dass nicht nur nichts falsch daran ist, wer wir sind, sondern dass unsere Identität und die Menschen, die wir lieben, es wert sind, gefeiert zu werden.

Der Aufruf am Ende, sich nicht unterkriegen zu lassen, verweist auf die Hoffnungslosigkeit und Ratlosigkeit der Verantwortlichen.

Die ShanghaiPRIDE feierte in diesem Jahr ihr zwölfjähriges Bestehen. Obwohl die Veranstaltung immer schon ein „Katz-und-Maus-Spiel“ mit den Zensoren war, gab es während und kurz nach der diesjährigen ShanghaiPRIDE, die vom 13. bis 21. Juni stattfand, keine Hinweise auf ein bevorstehendes Ende.

Bei den abschließenden Gruppenfotos herrschte eine ausgelassene Stimmung und auch die Dankesrede auf Wechat blickte optimistisch in die Zukunft: „Wir hoffen, alle auf der ShanghaiPRIDE 2021 zu sehen!“, 

Nehmen Repressionen gegen Queers zu?

Nach einer Zeit des Fortschritts in den späten 1990er- und frühen 2000er-Jahren (1997 wurde gleichgeschlechtlicher Sex entkriminalisiert, 2001 wurde Homosexualität von der Liste der Geisteskrankheiten gestrichen) ist das Klima in den letzten Jahren zunehmend konservativer und unberechenbarer geworden. 

Eine Person, die selbst nicht Teil des Teams der ShanghaiPRIDE ist, teilte CNN mit, der Druck durch die örtlichen Behörden sei immer schlimmer geworden und habe zuletzt das tägliche Leben und die Jobs der Verantwortlichen bedroht.

Auf Nachfrage von CNN erklärten die Verantwortlichen in einer separaten Nachricht: „Es war eine großartige 12-jährige Fahrt, und wir fühlen uns geehrt und sind stolz darauf, diese Reise zur Sensibilisierung und Förderung der Vielfalt für die LGBTQ-Community unternommen zu haben“. „Die Entscheidung war schwer“, fügten sie hinzu, aber „wir müssen die Sicherheit aller Beteiligten schützen“. 

Drohungen und Drangsalierungen kennt der Leiter einer chinesischen Interessenvertretung für LGBTIQ*-Rechte, der aus Angst vor Repressionen anonym bleiben wollte, aus eigener Erfahrung. CNN teilte er mit:

„Die Öffentlichkeit kann die sichtbaren und wirkungsvollen Aspekte unserer Arbeit sehen, aber sie kann sich die Schwierigkeiten, mit denen wir hinter den Kulissen konfrontiert sind, nicht vorstellen. Ich denke, Shanghai Pride ist keine Ausnahme.“

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