Der Ballettmeister

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Foto: Stardust Theatre BV

Gerade feierte das Stück seine Deutschland-Premiere und wird bis zum 16. Dezember im Theater am Potsdamer Platz in Berlin gastieren. 48 Schwäne und mehr als 100 Tänzerinnen und Tänzer! Wir sprachen mit dem Choreografen Derek Deane.

Warum „Der größte Schwanensee der Welt“?

In der heutigen Zeit sucht jeder immer nach etwas Neuem, so ist die Gesellschaft, in der wir leben. Schwanensee wurde unlängst in einer verlassenen Nervenheilanstalt inszeniert, doch für mich funktioniert das nicht. Viele unterschiedliche Dinge wurden ausprobiert, aber ich glaube, man kann Schwanensee in seiner klassischen, puren Form niemals übertreffen. Es ist herzzerreißend anzusehen, einfach wunderschön. Allerdings muss man die Menschen verführen und 48 statt 20 Schwänen tun dies, denn ihre Kraft ist schlicht überwältigend, sowohl visuell als auch emotional. Wenn ich während der Aufführung im Zuschauerraum sitze, höre ich das Publikum tief Luft holen. Sie machen „Oooooh...“ und „Aaahh...“, weil der optische und der emotionale Effekt sie schlicht umhauen. Dafür brenne ich, meine Produktionen sollen die Menschen zum Lachen und zum Weinen bringen. Meine Arbeit zielt vor allem auf das Herz und auf den Bauch, nicht bloß auf den Kopf oder die Augen.

Für wen wird Ballett heutzutage gemacht?

Die Menschen sagen: „Oh, ich gehe nicht ins Ballett, ich verstehe davon nichts.“ Nun, es gibt nichts zu verstehen. Es geht einzig darum, wie es dich berührt, was es in dir auslöst, wie es dich für einen Abend einfach fortzaubert aus dem Alltag. Es geht um Schönheit und Leidenschaft und Gefühl. Das ist es. Als das Ballett entstand, diente es der Unterhaltung, doch die Zeit verging und Ballett bekam diesen „snobistischen“ Ruf. Das ist eine große Schande. Jeder sollte die Möglichkeit bekommen, das Ballett zu genießen.

Foto: W. M. Stroud

Wie sehen Sie die Zukunft des klassischen Balletts?

Das klassische Ballett könnte bald sterben. Wenn wir nicht danach streben, Schönheit, Exzellenz und Perfektion zu kreieren, könnte die ganze Profession sterben. Wir könnten in dem Zirkus ertrinken, als welcher Ballett heutzutage immer öfter inszeniert wird. Die Öffentlichkeit will Jungs sehen, die immer höher springen, und Mädchen, die für zwei Stunden auf einem Bein stehen. Junge Tänzer in der heutigen Zeit sagen: „Oh, sie dreht fünf Pirouetten, ich muss zehn schaffen.“ Der körperliche Wettbewerb ist wunderbar und sehr wichtig, aber er DARF nicht den wahren Sinn des Balletts verdrängen. Ballett bedeutet, durchs Tanzen das tiefste Innere deiner Seele auf die Bühne zu bringen. Ballett ist eine Kunstform, und wir versuchen sehr eindringlich, sie am Leben zu halten.

Gibt es Stücke, die Sie in Zukunft unbedingt inszenieren wollen?

Vor zwei Jahren habe ich „Hamlet“ choreografiert, was mir unglaubliche Freude bereitete, daher steht als nächstes „Macbeth“ auf der Liste. Und ein Ballett von „Doktor Schiwago“ würde mir sehr gefallen! Ich bin gerne auch mal fort vom Tutu-Ballett, ich verbringe nicht mein ganzes Leben mit Federn. Höchstens zu Hause. (lacht)

*Interview: Leander Milbrecht

1. – 16.12, Der größte Schwanensee der Welt, Theater am Potsdamer Platz, Berlin, Marlene-Dietrich-Platz 1, S+U Potsdamer Platz, 20 Uhr (So 15 Uhr), www.dergroessteschwanenseederwelt.de

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