Terroranschlag auf queeres Leben

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Ein Angreifer hat am Mittwochabend vor einer Schwulen-Bar in Bratislava zwei Männer erschossen, eine Kellnerin wurde schwer verletzt. Als Motiv vermutet die Polizei Hass gegen Schwule.

Die Männer waren vor der bei der LGBTIQ*-Community beliebten Bar Tepláreň im Zentrum der slowakischen Hauptstadt erschossen worden. Ein drittes Opfer wurde nach Polizeiangaben mit Verletzungen ins Krankenhaus gebracht. Zeug*innen berichteten, sie hätten bis zu zehn Schüsse gehört. Wie schon in Orlando, Dresden und Oslo scheint Extremismus als Tatmotiv wahrscheinlich.

Islamismus und Rechtsextremismus vereint im Hass

Dem Nachrichtenportal Sme.sk zufolge soll es sich bei dem Täter um einen 19-Jährigen handeln, der sich in den sozialen Netzwerken zu der Tat bekannt hat. In der Nacht nach dem Verbrechen habe er stundenlang Hassbotschaften gegen sexuelle Minderheiten und ein rechtsextremes Manifest mit homophoben Inhalten auf Twitter und in einem anderen Netzwerk veröffentlicht, ehe er sich vermutlich selbst tötete. „Ich empfinde keine Reue, ist das nicht lustig?“, soll er geschrieben haben. In einem weiteren Post fügte er die Hashtags Gaybar, Bratislava und Hate Crime hinzu. Es wäre ein weiterer rechtsextremer Terrorakt nach dem Muster von Christchurch und dem Breivik-Anschlag in Norwegen. Und natürlich gleichen sich die ideologischen „Denk“muster mit denen der Islamisten, die Orlando, Oslo und auch Dresden auf dem Gewissen haben.

Am Donnerstagvormittag waren die beiden Netzwerkkonten nicht mehr zugänglich. Die Polizei wollte wegen laufender Ermittlungen nicht bestätigen, dass diese tatsächlich dem Täter gehörten und die Botschaften von ihm stammten. „Die Polizei hat den Schützen heute Morgen tot aufgefunden“, bestätigte Polizeisprecher Michal Slivka der Nachrichtenagentur AFP am 13. Oktober. Zum möglichen Motiv wollte auch er sich nicht äußern. Örtlichen Medienberichten zufolge könnte es sich bei der Tat um Hasskriminalität gehandelt haben.

Foto: Vladimir Simicek / AFP

Auch über die Opfer sind erste Informationen bekannt. Matúš H. arbeitete in der Bar Tepláreň, um sich sein Studium der Sinologie zu finanzieren. Juraj V. studierte Philosophie und arbeitete nebenbei in einem Ladengeschäft. Am Tag des Anschlags saßen die beiden vor der Bar und haben eine Limo getrunken.

„Matúš und Juraj, wir werden sie nie vergessen. Bratislava ist um zwei alleinstehende und kluge junge Männer ärmer, schwule Männer, die ihr Leben noch vor sich hatten. Es bleibt eine schreckliche Leere zurück. Sie waren die Opfer eines brutalen extremistischen Mordes, der sich nie wiederholen darf.“

Reaktion von Politikern zum Teil unerträglich

Während die Präsidentin der Slowakei, Zuzana Čaputová, nach der Schießerei in der Zámocká-Straße einen Blumenstrauß niederlegte und eine Kerze anzündete, drückte Premierminister Eduard Heger von der Partei OĽaNO zwar sein Bedauern aus, erwähnte LGBTIQ* jedoch zunächst überhaupt nicht und nannte Homosexualität „einen Lebensstil“, als ob Menschen ihre sexuelle Orientierung frei wählen würden. Erst später sprach er die Community direkt an, entschuldigte sich für die bisherige Formulierung und verurteilte die Tat mit den Worten: „Extremismus ist inakzeptabel.“ Damit korrigierte er seinen Fehler immerhin schneller als Bundeskanzlerin Angela Merkel und Bundesinnenminister Horst Seehofer, die beim Terroranschlag von Dresden durch Abwesenheit glänzten und samt Staatsanwaltschaft scheinbar alles versuchten, um das böse Wort schwulenfeindlich nicht in den Mund bzw. in die Anklageschrift zu nehmen. 

Sein Parteivorsitzender und Finanzminister Igor Matovič ging in der ersten Reaktion sogar noch weiter. Über LGBTIQ*s schrieb er, „sie seien einfach anders“, nannte sie „warmherzig“ und nutzte das Attentat, um sich als Opfer darzustellen. Ärzte, Hygieniker, Regierungspolitiker, Wissenschaftler usw. seien zum Gegenstand des Hasses geworden, schrieb Matovič auf Facebook, und es sei plötzlich „normal, einen Regierungspolitiker zum Blitzableiter für die Frustrationen derjenigen zu machen, die mehr fühlen“. *AFP/sah/ck

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