ILGA-Europe Jahresbericht: Erschütternd

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Seit zwölf Jahren veröffentlicht ILGA-Europe seinen Jahresrückblick über die Menschenrechtssituation von LGBTI-Personen in Europa und Zentralasien – noch nie war es so schlimm wie 2022.

Der am 20. Februar in Brüssel veröffentlichte Jahresbericht von ILGA-Europe kommt zu dem Ergebnis, dass 2022 das gewalttätigste Jahr für LGBTIQ*-Personen in den letzten zehn Jahren war. „In den letzten zwölf Monaten gab es eine starke Zunahme nicht nur der Gewalt gegen LGBTI-Personen, sondern auch der Intensität dieser Gewalt“, zeigt sich ILGA-Europa besorgt.

„Angriffe auf LGBTI-Personen mit einem bewussten und vorsätzlichen Willen zu töten und zu verletzen haben ein beispielloses Ausmaß erreicht“, heißt es in dem Bericht. Als Beispiele nennt die Organisation den Anschlag in der Nähe einer Schwulenbar in Oslo im Juni, als ein Mann am Rande der Feierlichkeiten des Pride March zwei Menschen tötete und 21 verletzte (männer* berichtete), sowie den Anschlag vor einer LGBTIQ*-freundlichen Bar in Bratislava im Oktober, bei dem zwei Menschen getötet und eine Person verletzt wurden (männer* berichtete). 

Außerdem sei eine Gruppe besonders gefährdet: „Unter den gemeldeten Morden sticht die hohe Zahl der Morde an trans Personen, insbesondere an trans Frauen, hervor. Es besteht ein klarer Zusammenhang mit dem extremen Anstieg des Hasses gegen trans Menschen, den wir in den letzten Jahren erlebt haben, insbesondere in Ländern, die sich für Reformen der Rechte von trans Menschen einsetzen“, so Katrin Hugendubel, Advocacy-Direktorin bei ILGA-Europe.

Zudem dokumentiert die Organisation einen besorgniserregenden Anstieg an Selbstmorden in der Community wie „den eines jungen Paares in Armenien, das schikaniert wurde“ (männer* berichtete).

Hassrede nimmt weiter zu

Am auffälligsten sei der Anstieg von Hass und Gewalt, der 2022 in der gesamten Region gemeldet wurde. Körperliche oder verbale Angriffe gegen Queers haben ILGA-Europe zufolge in Frankreich, Deutschland, Ungarn, Island, Irland, Montenegro, den Niederlanden, Portugal, Rumänien, Russland, Serbien, Spanien, der Schweiz, der Türkei, der Ukraine und dem Vereinigten Königreich zugenommen. Die Geschäftsführerin von ILGA-Europe, Evelyne Paradis, erklärt dazu:

„Wir von ILGA-Europe sagen schon seit Jahren, dass Hassreden in all ihren Formen in tatsächliche physische Gewalt münden. In diesem Jahr haben wir gesehen, dass diese Gewalt zunehmend geplant und tödlich ist, so dass sich LGBTI-Menschen in Ländern in ganz Europa unsicher fühlen.“

Hassreden gegen queere Menschen seien „nicht nur die Worte von Randfiguren oder Möchtegern-Autokraten“, sondern „ein echtes Problem mit schlimmen Folgen für Menschen und Comunitys“, betont Paradis. Auch, weil „dieses Phänomen nicht nur in Ländern auftritt, in denen Hassreden weit verbreitet sind“, sondern auch in Ländern, „in denen weithin angenommen wird, dass LGBTI-Personen zunehmend akzeptiert werden“.

Quelle: https://twitter.com/ILGAEurope

Nicht alles war schlecht

Es gibt nicht nur schlechte Nachrichten. ILGA-Europa stellt fest, dass im vergangenen Jahr mehr LGBT-feindliche Täter*innen verurteilt wurden, insbesondere in Aserbaidschan, Bulgarien, der Tschechischen Republik, Frankreich, Georgien, Griechenland, Ungarn, Nordmazedonien, Spanien und der Ukraine.

In mehreren Ländern kann ILGA-Europe große Fortschritte verzeichnen, wobei es durchweg Aktivist*innen und ihre Communitys sind, die den positiven sozialen Wandel vorantreiben und es schaffen, den rechtlichen Schutz trotz organisierter Opposition voranzutreiben. Katrin Hugendubel, Advocacy-Direktorin bei ILGA-Europe, erklärt:

„LGBTI-Aktivisten sind die zentralen Akteure in den Ländern, in denen Fortschritte erzielt wurden, wie wir in Spanien und Finnland gesehen haben, wo enorme Anstrengungen unternommen wurden, um die selbstbestimmte rechtliche Anerkennung des Geschlechts trotz heftiger Opposition auf dem richtigen politischen Weg zu halten.“

Das zeige, so Hugendubel, „dass LGBTI-Personen und -Organisationen weiterhin in der Lage sind, Veränderungen zu bewirken“.

Einen detaillierten Überblick über die Fortschritte eines jeden Landes und dessen Entwicklung findet ihr HIER.

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