Puerto Rico: Mutmaßlicher Mörder festgenommen, Transphobie als Motiv

by

Die Morde an zwei Transfrauen in Puerto Rico erschüttern die Welt: Die Leichen von Layla Pelaez Sánchez (21) und Serena Angelique Velázquez Ramos (32) wurden in einem ausgebrannten Auto aufgefunden. Bereits zwei weitere transgeschlechtliche Personen wurden in den letzten zwei Monaten in Puerto Rico getötet. Aktivist*innen sprechen von einer Epidemie der Gewalt.

(Für das Update vom 4. Mai ganz nach unten scrollen.)

Die beiden Freundinnen lebten in New York und waren laut Familienmitgliedern in ihrer Heimat Puerto Rico nur zu Besuch. Sie planten, Ende des Monats ihren Urlaub zu beenden und nach New York zurückzukehren. Nun sind sie tot: das brennende Auto von Layla Peláez wurde am frühen Mittwochmorgen am Rande einer verlassenen Straße in Humacao an der Ostküste Puerto Ricos gefunden. 

Seit Anfang des Jahres wurden laut Human Rights Campaign bereits acht transgeschlechtliche oder nicht-binäre Personen in den USA ermordet – die Hälfte davon in dem kleinen US-amerikanischen Außengebiet Puerto Rico in der Karibik. Im Februar wurde die Obdachlose Alexa Negrón Luciano erschossen – nachdem eine Kundin sich beschwerte, weil Alexa die Damentoilette eines Restaurants aufgesucht hatte (wir berichteten). Letzten Monat wurde der Transmann Yampi Méndez Arocho (19) in Moca ermordet. 

Pedro Julio Serrano, ein Queeraktivist aus Puerto Rico, erklärte, in den letzten 15 Monaten seien acht queere Menschen auf der kleinen karibischen Insel ermordet worden – alle Fälle bis heute ungelöst. NBC zitiert den Aktivisten mit seiner Aussage: „Sie jagen uns!“ Gegenüber der New York Times führte er weiter aus:

„Dies ist eine Epidemie der Gewalt, der Anti-L.G.B.T.-Gewalt, die in Puerto Rico wieder aufgetaucht ist. Wir haben diese Art von Gewalt in dieser Menge seit einer sehr langen Zeit - ich würde sagen, seit 10 Jahren - nicht mehr erlebt.“

Die Polizei gab bekannt, es handele sich bei dem jüngsten Verbrechen ausgehend von der Auffindesituation um ein Tötungsdelikt. Die genaue Todesursache müsse die Autopsie feststellen. Derzeit werden zwei Männer gesucht, die auf den letzten Snapchat-Videos der späteren Opfer zu sehen waren. Captain Teddy Morales, Chef der Kriminalpolizei in Humacao, weigerte sich, den Fall vorschnell als Hassverbrechen zu werten. Er erklärte Reportern der New York Times:

„Ich kann nicht einfach vom Tatort darauf schließen, dass es sich um ein Hassverbrechen handelt. Wir müssen wissen, wer sie getötet hat, warum er getötet hat und was die Beweggründe waren, bevor wir dies als Hassverbrechen bezeichnen.“

Tori Cooper, Direktorin für kommunales Engagement der Transgender Justice Initiative der Human Rights Campaign, äußerte Trauer und tiefe Beunruhigung. Transgeschlechtliche und nicht-binäre Menschen und besonders women of color seien viel zu oft Opfer einer toxischen Mischung aus Transphobie, Rassismus und Frauenfeindlichkeit, so Cooper.


Update vom 28. April

Nun wurde ein weiterer Fall bekannt: Die transgeschlechtliche Penélope Díaz Ramírez (31) wurde bereits am 13. April in einer Justizvollzugsanstalt gewaltsam getötet. Der Fall wurde erst am 27. April gemeldet, es sind noch keine weiteren Einzelheiten bekannt. Aktivisten zeigten sich in der Folge entsetzt. Pedro Julio Serrano sagte, nun gebe es an einer Epidemie der Gewalt keinen Zweifel mehr. Auch Tori Cooper zeigte sich alarmiert:

„Noch nie in meiner Karriere habe ich so viele Berichte über den Tod von Mitgliedern unserer transsexuellen und geschlechtsunkonformen Gemeinschaft in so kurzer Zeit an einem Ort gesehen.“


 Update vom 4. Mai

Foto: Facebook

Im Fall der in einem ausgebrannten Auto aufgefundenen Leichen zweier Transfrauen auf Puerto Rico wurden Festnahmen verkündet. Zuvor waren die zwei Männer zur Befragung gesucht worden, da sie auf den letzten Fotos zu sehen waren, die die beiden Opfer in sozialen Medien geteilt hatten. Nun wurden die Männer festgenommen, einer von ihnen hat die Morde gestanden – der andere soll geholfen haben, die Leichen zu beseitigen.

Captain Teddy Morales gab am Donnerstag bekannt, dass das FBI den Fall übernommen habe. Dies geschah nach anhaltenden Protesten von Queeraktivisten. Die beiden Tatverdächtigen Juan Carlos Pagán Bonilla (21) und Sean Diaz de León (19) wurden dem FBI bereits übergeben. Laut Agenten der zentralen Sicherheitsbehörde der USA lassen die Beweise ein Hassverbrechen als sehr wahrscheinlich erscheinen.

Bonilla, ein Bäckereiangestellter, hat die Morde bereits gestanden. Sein Motiv, so wie von vielen Aktivisten befürchtet: Transphobie. Bonilla und sein Freund de León sollen den Abend gemeinsam mit den Frauen verbracht haben. Als sie in Velazquez' Haus waren, fanden die beiden Männer heraus, dass die Frauen transgeschlechtlich waren – Bonilla gab zu, daraufhin ausgerastet zu sein und die jungen Frauen getötet zu haben.

Obwohl jeder US-Bundesstaat eigene Definitionen hat, was als Hassverbrechen zählt und welche Merkmale den besonderen Schutz des Gesetzes genießen, gilt seit 2009 das von Barack Obama verabschiedete Bundesgesetz Matthew Shepard and James Byrd Jr. Hate Crimes Prevention Act. Auf dessen Grundlage werden in allen Staaten sowie den US-amerikanischen Außengebieten sämtliche Verbrechen, deren Motive aus der sexuellen Orientierung oder geschlechtlichen Identität eines Opfers hervorgehen, besonders schwer geahndet. Ebenfalls von dem Gesetz geschützt sind Menschen mit körperlichen Beeinträchtigungen sowie Angehörige des Militärs.

Back to topbutton