Trotz Todesdrohungen: Tunesiens erster queerer Radiosender bleibt

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Zwei Wochen nachdem in Tunesien mit Shams Rad der erste LGBTIQ*-Radiosender der arabischen Welt gestartet ist, hat dessen Gründer Bouhdid Belhedi über 4.000 Hassmails erhalten. Auch Todesdrohungen. Belhedi macht trotzdem weiter.

Foto: Screenshot / Youtube / France 24

Am 15. Dezember ging in Tunis das erste queere Online-Radio der arabischen Welt auf Sendung. Der Sender wurde von der tunesischen LGBTIQ*-Organisation Shams gegründet, nach der er auch benannt ist. Ziel des Projekts ist es, denen eine Stimme zu geben, die sonst keiner zu Wort kommen lässt: Lesben, Schwulen, Bis und Trans*. In Tunesien ist gleichgeschlechtlicher Sex Frauen und Männern gleichermaßen verboten, Trans* werden immer wieder wegen vermeintlicher Erregung öffentlichen Ärgernisses geahndet. Im Frühjahr wurden in dem nordafrikanischen Land zwei Männer zu acht Monaten Haft verurteilt, weil sie Analverkehr gehabt hatten. Im September sprach sich Menschenrechtsminister Mehdi Ben Gharbia zwar für einen größeren Schutz sexueller Minderheiten aus, schränkte aber in Bezug auf die Gleichstellung von LGBTIQ* ein, dass die Gesellschaft des muslimischen Landes erst darauf vorbereitet werden müsse. Auch dazu will Shams Rad beitragen. Eine große Aufgabe, wenn man bedenkt, dass sich noch 2014 ganze 62 Prozent der tunesischen Bevölkerung gegen Anerkennung gleichgeschlechtlicher Partnerschaften aussprachen, während nur 18 Prozent dafür waren.

Wie groß der Widerstand gegen die homopolitische Aufklärungsoffensive ist, zeigt sich zwei Wochen nach dem Start von Shams Rad. Über 4.000 Hass-Mails, darunter diverse Todesdrohungen, sind laut Sendersprecher Bouhdid Belhedi seit dem Sendestart in der Redaktion eingegangen. Doch der 25-jährige Aktivist (der der Homophobie seiner Landsleute seit Jahren die Stirn bietet und für seinen unerschrockenen Einsatz im Oktober mit dem GALAS International Award der irischen Gay Community News ausgezeichnet wurde) lässt sich nicht einschüchtern: „Ich habe die Kraft und die Möglichkeit weiterzuarbeiten“, äußerte Belhedi am Mittwoch gegenüber der Nachrichtenagentur Reuters. „Was mich motiviert, sind die Probleme der Community. Dass es einen Bedarf für unser Programm gibt. Wir müssen die Mentalität der tunesischen Gesellschaft verändern, die bisher Jeden zurückweist, der sich vom Rest der Masse abhebt.“ So sendet Shams Rad trotz Drohungen weiter. Täglich vom Frühstück bis um Mitternacht.

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