Ukraine: Neonazis attackieren CSD

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Es sollte eine friedliche, corona-bedingt kleine Kundgebung werden. Am Sonntag wurde in der ukrainischen Hafenstadt Odessa nur zehn Minuten nach dem Start eine Pride-Veranstaltung von Neo-Nazis gekapert. Mitglieder des Schlägertrupps sollen Banner einer nationalistischen, pro-russischen Gruppierung mit dem Namen „Tradition und Ordnung“ getragen haben. Die Organisatoren des Odessa Pride berichten in einem Facebook-Post, die Nazis hätten die Demonstrierenden mit Pfefferspray attackiert und mit Eiern und Flaschen beworfen.

Die Aktivist*innen klagen an: Trotz Zusicherungen der Polizei, die für den Schutz der Veranstaltung sorgen wollten, reagierten die Beamten viel zu spät auf den Angriff. Nicht nur das: Morddrohungen und Beleidigungen habe die Polizei komplett ignoriert. So griff zum Beispiel niemand ein, als ein großer, schwerer Mann eine 17-Jährige aufs Übelste beschimpfte. Erst als mehrere Queeraktivist*innen mit Pfefferspray angegriffen wurden, versuchte die Polizei, den Konflikt zu lösen, indem sie eine Barriere bildete. Dabei seien auch Polizisten verletzt worden.

„Ukrainische Version von Stonewall!“

In den vergangenen Jahren habe es bei keiner ukrainischen Pride Parade solche Auswüchse an Gewalt gegeben, erklärten die Veranstalter. Das letzte Mal wurde 2015 eine Parade in Kiew von Rechtsextremen gestürmt. In folgenden Facebook-Posts nennen sie die diesjährigen Vorfälle die „ukrainische Version von Stonewall“ und gehen mit der Polizei hart ins Gericht. 

„Diejenigen, die die Demonstranten angegriffen haben, sollten für physische und psychische Gewalt gegen Bürger der Ukraine bestraft werden. Die Polizei von Odessa sollte dafür bestraft werden, dass sie während eines Verbrechens untätig geblieben ist.“

Das Primorski-Polizeipräsidium in Odessa gab in einer Erklärung auf seiner Webseite bekannt, dass 12 Menschen verhaftet wurden – wegen Rowdytums und Missachtung der Anweisungen von Polizeibeamten. Drei Jugendliche seien ihren Eltern übergeben worden. Zudem sollen zwei Beamte mit Verletzungen ins Krankenhaus eingeliefert worden seien, ebenso wie eine 24-Jährige Aktivistin. Wie viele Queerakvist*innen wirklich verletzt wurden, sei unklar, so die Polizei.

Die ukrainische LGBTIQ+-Organisation LIGA behauptete gestern auf Facebook: Am Ende seien es ungefähr zwei Dutzend Verletzte gewesen, darunter Polizeibeamte und Aktivist*innen. Während eine 24-Jährige, wie auch die Polizei bekannt gab, wegen chemischer Verbrennungen ersten Grades an Augen, Gesicht und Hals ärztlich versorgt werden musste, habe der Krankenwagen einen anderen ähnlich schwer verletzten Mann mit Kopfverletzungen gar nicht erst mitgenommen, so Odessa Pride. Sie werfen der Polizei vor, die Opferzahlen bewusst niedrig halten zu wollen.

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