Die Liebenden von Modena dürfen nicht schwul sein

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Foto: Universität Bologna

Der Fund begeisterte 2009 Archäologen und ging um die ganze Welt: Im italienischen Modena wurden zwei Skelette gefunden, die vor langer Zeit Hand in Hand begraben wurden. Ein Symbol der ewigen Liebe, verkündeten zahlreiche Medien damals. Nun kam heraus: Die Skelette gehörten zwei Männern – prompt wurde ihnen der Status der Liebenden aberkannt.

Rund 1500 Jahre lagen sie in ihrem Grab, im Tode friedlich vereint. Nach der zufälligen Entdeckung bei Bauarbeiten rückten die Toten und ihre Beziehung zueinander in den Mittelpunkt der Öffentlichkeit. Aufgrund des schlechten Zustandes konnte damals das Geschlecht nicht bestimmt werden. Aber: Die beiden hielten schließlich Händchen, also mussten sie natürlich Mann und Frau sein. Davon gingen nicht nur die Medien, sondern auch die Forscher aus. Der Mythos „Die Liebenden von Modena“ war geboren.

Zehn Jahre nach dem Fund führten nun neue Techniken zu der Erkenntnis, dass die Toten zwei biologische Männer wären. Das habe die Analyse der Proteine im Zahnschmelz ergeben, gaben Forscher der Universität Bologna im Fachmagazin Scientific Reports bekannt. Und betonten sogleich: Es sei unwahrscheinlich, dass es sich um ein homosexuelles Liebespaar handle.

Postume Liebesbekundungen nur für heterosexuelle Paare


Möglicherweise handele es sich um Brüder, Cousins oder Soldaten, heißt es weiter. Natürlich sei auch eine homosexuelle Bindung der beiden nicht auszuschließen, doch hätten die Dorfbewohner dies sicher nicht gewusst, akzeptiert oder gar im Tode gewürdigt. Warum denn eigentlich nicht? Ist es wirklich komplex genug gedacht, die seit über 1000 Jahren verstorbenen Dorfbewohner postum als homophob zu deklarieren?

Foto: Archäologisches Museum Mantua

Es gibt natürlich gegengeschlechtliche Verwandtschaftsverhältnisse, die eine Erklärung geliefert hätten, wären die beiden Mann und Frau gewesen. Möglicherweise Mutter und Sohn? Geschwister, die sich sehr nahe standen? Doch davon war damals keine Rede, denn der medienwirksame Status des Liebespaares machte die Skelette erst berühmt – und Forschung möchte bezahlt werden. Da liegt der Verdacht nahe, der Status der homosexuellen Liebenden sei möglicherweise nicht ganz so lukrativ.

Bei anderen Fällen, in denen händchenhaltende Skelette gefunden wurden, wird weiterhin davon ausgegangen, dass es sich um Mann und Frau handele. Dazu gehören die „Die Liebenden von Mantua (Valdaro)“, die rund 5500 Jahre in einer ewigen Umarmung in ihrem Grab in Oberitalien gelegen hatten. Es sei wohl eine beliebte Bestattungsart bei heterosexuellen Pärchen gewesen – also wie jetzt? Passt alles, bis auf das Geschlecht?

Eine Theorie in sozialen Netzwerken ist auch die Inter-, beziehungsweise Transsexualität eines der beiden Toten von Modena. Das lässt die Erklärung der Forscher natürlich in keinem besseren Licht erscheinen.

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