#Kommentar • CSD ist kein Pizzadienst!

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Ein Meinungsbeitrag zu den Vorgängen rund um den Konflikt bezüglich der „Grundsätze“ des CSD Bremen. Autor*in Lynnist Mitglied im Christopher Street Day (CSD) Bremen + Bremerhaven e. V., die Meinung des/der Autor*in spiegelt nicht zwangsläufig die Meinung der männer* Redaktion wider. 

Foto: S. Ravenstein / CC0

Vorbemerkung

Bei dem nachfolgenden Text handelt es sich um einen Meinungsbeitrag. In Deutschland herrscht Meinungsfreiheit, das bedeutet, dass jeder Mensch seine eigene Meinung haben und kundtun darf (solange keine Gesetze überschritten werden). Folglich liegt es in der Natur der Sache, dass sich diese Meinungen auch widersprechen dürfen. Diese Widersprüche in unseren Meinungen müssen wir aushalten und akzeptieren, sie sind das Wesen einer pluralistischen Gesellschaft.

Dieser Beitrag spiegelt nicht die Ansichten des CSD Bremens wider, sie sind rein persönlich. Eine inhaltliche Bewertung der in Rede stehenden Grundsätze beziehungsweise der Entgegnungen aus dem Bereich der Fetischszene will ich hier bewusst nicht vornehmen. Mir geht es in diesem Meinungsbeitrag in erster Linie um die Frage, wie wir miteinander und mit unseren Mitmenschen umgehen, wie wir Dialoge führen, also miteinander kommunizieren und was die Folgen davon sind.

Was ist passiert?

Im Orga-Team des CSD Bremens haben sich über die letzten Jahre „Grundsätze“ angesammelt, die nicht nur für Außenstehende „unsichtbar“ das Handeln der Beteiligten gelenkt haben. Unsichtbare, also in unserem Unterbewusstsein versteckte Annahmen prägen die Entscheidungen von ausnahmslos allen Menschen. Einen anderen Begriff – den ich hier ausdrücklich wertneutral meine – kennen wir alle: Vorurteile. Es gibt keine Menschen, die frei von Vorurteilen sind und/oder nie vorurteilsbehaftet entscheiden oder handeln. Unser Gehirn ist – neurologisch betrachtet – eine große Automatisierungsmaschine. Bewusste Handlungen, Entscheidungen und Denkmuster werden, wenn sie wiederholt durchgeführt werden, ins Unterbewusstsein „ausgelagert“.

Wir sind uns dieser Handlungen, Entscheidungen und Denkmuster oftmals nicht bewusst und wenn doch sind wir tatsächlich mehr „Beifahrer“ als „Steuermann“. Im Positiven wie im Negativen.

Um hier also nicht unbeabsichtigt zu einem „Geisterfahrer“ des eigenen Unterbewusstseins zu werden, ist es wichtig sich diese unterbewussten, versteckten Annahmen hervorzuholen und sichtbar zu machen. Genau das ist im November 2020 passiert. Im Sinne der selbst auferlegten Verpflichtung, im Handeln transparent zu sein, wurden diese Gedanken – also quasi als historische Bestandsaufnahme – veröffentlicht. Ein für viele schon zu langer Text ist dabei entstanden, der dann aber anscheinend doch zu kurz war, um für alle ein ausreichendes Verständnis zu erzeugen.

Dass es keine feststehenden, für immer gültigen Wahrheiten gibt, versteht sich von selbst.

Zum Hinterfragen und mit dem Team zu diskutieren wurde ausdrücklich eingeladen, aber das Angebot ist offensichtlich nicht von denjenigen wahrgenommen worden, die jetzt Defizite anmelden. Daran hat sich dann acht Monate nach der Veröffentlichung, pünktlich sechs Wochen vor dem CSD ein Shitstorm entzündet. Nach meiner ganz persönlichen Einschätzung, die nicht unbedingt richtig sein muss, deutet hier vieles auf eine gezielte und geplante Aktion hin.

Einige, die sich an der Empörungswelle beteiligt haben, haben die in Rede stehenden „Grundsätze“ bereits im November zum Zeitpunkt der Veröffentlichung per Newsletter erhalten. Eine Behauptung, dass diese erst jetzt aufgefallen sind, ist für mich absolut unglaubwürdig. Insofern hat dieses Vorgehen in meinen Augen etwas moralisch Zweifelhaftes an sich, da es nicht um die Sache an sich geht, sondern wohl darum, den höchstmöglichen Schaden und die größtmögliche Empörungswelle anzurichten.

Die Wirkung der Kommunikation – Kai Wargalla von den Grünen

Foto: Leonie Rabea Große / CC BY 3.0 de / wikimedia.org

Nachdem in den „Grundsätzen“ klargestellt wurde, dass es sich nicht um ein Fetischverbot im Sinne von Kleidungsvorschrift handelt, sondern es um die Vermeidung des Eindrucks einer – sagen wir einfach – „Sexparty“ geht, meldete sich die queere „Pseudo Jeanne d’Arc“, Kai Wargalla, von den Grünen (Achtung Polemik! Politiker:innen verfolgen ausschließlich das eigene Interesse der Wiederwahl) in der taz in dem Sinne zu Wort, dass quasi alles auf dem CSD erlaubt sein sollte und mensch keine Rücksicht auf die Zuschauenden nehmen müsse.

Mit dieser Aussage, die ausschließlich aus den eigenen Interessen heraus argumentiert, betreibt Kai Wargalla in Wirklichkeit die Zertrümmerung der Fundamente einer pluralistischen Gesellschaft. Wer nicht Willens oder in der Lage ist, unabhängig von einer rechtlichen oder moralischen Verpflichtung, auch die Interessen von Menschen zu berücksichtigen, die eine andere Meinung oder Ansicht haben, der handelt nicht im Interesse einer offenen, demokratischen, pluralistischen Gesellschaft. Dieses Handeln, dass sich ausschließlich an den eigenen Interessen orientiert, treibt die Menschen an die Ränder der Gesellschaft. Sie werden genötigt eine Entscheidung zu treffen für oder gegen uns zu sein, für links oder rechts.

Aus dem Blickwinkel einer linken Kai Wargalla als „Pseudo Jeanne d’Arc“ für queere Menschen macht dieses Vorgehen durchaus Sinn. Es spült auch ihr Wähler:innen in die Arme und sichert ihre Wiederwahl. Dass daraus aber auch die Gefahr erwächst, dass sie Wähler:innen in die Arme von rechten Parteien wie der AfD treibt, sieht sie anscheinend nicht.


Der Shitstorm aus der Fetisch-Community

Foto Goofy: Santiago Otero / flickr / CC BY-NC 2.0

Keine Frage, natürlich kann und darf mensch sich über Regelungen oder Empfehlungen, die mensch als ungerecht empfindet oder nicht versteht, beschweren und auf deren Veränderung hinwirken. Die Frage ist aber auch hier, in welcher Art und Weise dieses geschieht. Wir sind alle Angehörige von Minderheiten, die mit Ausgrenzung, Beleidigung, Bedrohungen, Diskriminierung Erfahrungen gemacht haben. Historisch wie auch ganz aktuell. Gerade das sollte uns doch für eine vernünftigen Umgang miteinander sensibilisieren. Gerade wir sollten uns doch auf Grund eigener Erfahrung bewusst sein, dass ein zivilisierter Umgang wichtig ist.

Foto: S. Ravesteijn / CC0

Wir sollten uns auch die Frage stellen, und hier sind wir wieder bei den Vorurteilen, ob alles was uns nicht gefällt immer gleich Diskriminierung ist oder ob es nicht einfach nur Unwissenheit, Unbedachtheit oder schlicht Dummheit sein kann. Wer nur in Kategorien von Diskriminierenden und Diskriminierten denkt, der ordnet unterbewusst einfache Missverständnisse auch sehr schnell dort ein.

Wenn wir immer das Schlechteste im Menschen vermuten, verlieren wir unsere Fähigkeit zum friedvollen Zusammenleben.

Bevor wir gleich losschlagen und versuchen unsere Gegenüber durch einen Akt der (verbalen) Gewalt zur Erfüllung unseres Willens zu zwingen (nach Clausewitz), wäre es im Sinne einer offenen pluralistischen Gesellschaft besser den Dialog zu suchen und im persönlichen Gespräch Sachverhalte zu klären. Ein auf Konfrontation und Unterwerfung ausgelegtes Verhalten, quasi ein kriegerischer Akt, kann für beide Seiten auf Dauer nicht erfolgreich sein. Wenn wir schon untereinander nicht zum Dialog im Stande sind, wie können und sollen wir dann Menschen, die Vorbehalte gegen uns haben, begegnen?

Wir können Menschen, bildlich gesprochen, nicht mit der Pistole an der Schläfe dazu zwingen uns zu mögen oder zu akzeptieren.

Auch hier gilt, dass ein konfrontatives Vorgehen die Gesellschaft nur spaltet. Wenn wir außenstehenden Menschen rücksichtslos begegnen, ihnen unseren Willen aufzwingen oder sie zumindest das Gefühl haben, wird das unweigerlich zu Widerstand führen. Ein Backlash in der Gesellschaft in Bezug auf LGBTIQ ist bereits heute wahrnehmbar. Dieser ist meiner Meinung nach aber nicht in unserer Eigenschaft als LGBTIQ begründet, sondern viel mehr in der Art und Weise wie wir mit unseren Mitmenschen umgehen, wie wir mit ihnen kommunizieren.

Foto: RV1864 / flickr / CC BY-NC-ND 2.0

Dieser Satz hat auch gut 70 Jahre nach seiner Aussprache aus meiner Sicht nichts an seiner Richtigkeit eingebüßt. Liebe ist die einzige Macht, die im Stande ist einen Feind in einen Freund zu verwandeln. Ich lasse mich nicht auf ein Spiel gegenseitiger Ablehnung ein, dass vielleicht der Beginn einer Aggressionsspirale sein könnte. Ich bin immer bemüht, allen Menschen freundlich und aufgeschlossen zu begegnen und ihnen Erkenntnisse und Einsichten zu ermöglichen auf Grund derer sie ihre Vorurteile hinterfragen. Ich glaube das ist der einzige Weg die Welt zu verändern und Akzeptanz für alle Menschen zu erreichen, selbst wenn diese Menschen ihre Meinung nicht ändern sollten.

Dieser Gedanke spielt für mich auch beim CSD eine Rolle. Wir leben nicht mehr in einer Zeit, wo Unterdrückung und Repression an der Tagesordnung sind. Nicht mehr in einer Zeit, wo bei homosexuellen Männern ein Blick oder eine kurze Berührung reichte, um nach Paragraph 175 verurteilt zu werden. Die Probleme heute sind andere als in der Zeit von 1934 bis 1969. Ein eher konfrontatives Vorgehen (auch optisch) ist für die Erreichung unserer Ziele heute nicht mehr hilfreich.

Foto: Friedrich-Naumann-Stiftung

Wir können bei einer aufgeklärten und uns zu großen Teilen offen eingestellten Gesellschaft viel mehr erreichen durch ein kooperatives, werbendes Vorgehen. Wir müssen Menschen aufmerksam machen, auf die „vermeintlich kleinen Ungerechtigkeiten“ mit denen wir konfrontiert werden. Zum Beispiel, dass das Transsexuellengesetz durch das Bundesverfassungsgericht schon 2005 und 2011 als verfassungswidrig eingestuft wurde, es aber immer noch nicht zu einer verfassungsgemäßen Anpassung gekommen ist. Wer, als nicht Betroffene:r, weiß denn von dieser Arbeitsverweigerung und Missachtung des Verfassungsgerichts durch den Gesetzgeber?

Die Folgen einer spaltenden Kommunikation: Betreiben wir eine Fragmentierung der Gesellschaft?

Eine pluralistische Gesellschaft besteht nicht aus dem nebeneinander von abgeschotteten Tribes. Sie ist das Ergebnis von Ausgleich und Austausch, getragen vom unbedingten Primat des gegenseitigen Respekts zu einander. Von der guten Absicht geführt andere Menschen nicht zu verletzen oder zu überfordern. Sie wird am Leben gehalten durch die ständige Bereitschaft zur Diskussion und der Bereitschaft auch abweichenden Meinungen eine Berechtigung zu zugestehen, ja sie sogar als Bereicherung der Vielfalt zu verstehen. Ein einfaches „Mundtotmachen“ ist keine geeignete, zielführende Lösung.

Safe Space mehr „Fluch“ als „Segen“?

Wenn wir nicht in der Lage sind, unterschiedliche Meinungen und Ansichten auszuhalten und uns deswegen ausschließlich in vermeintliche „Safe Spaces“ zurückziehen, leisten wir Ablehnung und Vorurteilen Vorschub. „Safe Spaces“ werden dann zu Parallelgesellschaften. Und Parallel beschreibt das Verhältnis von zwei Entitäten zueinander. Diejenigen, die sich in ihre „eigenen Kreise“ zurückziehen und die, die durch diesen Rückzug der wichtigen Gesellschaft dieser Menschen beraubt werden. Die beste Möglichkeit Diskriminierung und Vorurteile abzubauen ist das respektvolle und gewinnende Miteinander. Das Besinnen darauf, dass wir neben unterschiedlichen Interessen immer auch gemeinsame Interessen haben.

Ist das nicht jetzt auch ein Argument doch alles zu zulassen?

Hört sich diese Argumentation jetzt nicht so an, dass auch das Werben für die grenzenlose zur Schaustellung von Sex okay wäre? Spricht es nicht grade gegen die Argumentation des CSD Bremens? Nein! Es ist das sowohl als auch. Wir müssen uns unserer eigenen Verantwortung bewusst sein und einen respektvollen Umgang pflegen. Das schließt auch ein, dass wir respektieren, dass manche Menschen schneller „überfordert“ sind als andere und sich in Ablehnung zurückziehen.

Wie wollen wir uns selbst sehen, wie wollen wir gesehen werden?

Der Trend hin zu einer zunehmenden Obsessivität bei der Selbstdarstellung einiger Teilnehmenden auf CSDs führt schnell zur Wahrnehmung der queeren Community als „sexualisiertes Kuriositätenkabinett“. Es gibt viele queere Menschen, die sich tatsächlich auch dadurch in der Gesellschaft wieder an den Rand gedrängt fühlen. Viele dieser Menschen trauen sich jedoch nicht solche Kritik auszusprechen aus Angst vor der Shitstorm-Welle, die dann über einem hereinbricht.

Foto: Salzgeber

Und zur historischen Einordnung: Die Proteste in der Christopher Street hatten nicht das Ziel von Absonderung und Ausgrenzung aus der Gesellschaft. Die Proteste hatten das Ziel als Teil der Gesellschaft akzeptiert zu werden. Die damaligen Akteur:innen haben sich in der Öffentlichkeit eben nicht sexuell gebärdet, sie haben pointiert ihren Anliegen Geltung verschafft. Die Behauptung Kai Wargallas, der CSD sei eben nicht bürgerlich, ist auch ausschließend und diskriminierend. Außerdem spreche ich Kai Wargalla die Deutungshoheit darüber ab. Ich denke sogar, dass ihr das historische Wissen dazu fehlt.

Wenn wir die Anzahl von Transparenten oder Plakaten mit politischen Aussagen als Gradmesser für die Frage, wie politisch der CSD ist, anwenden, dann müssen wir beim Vergleich des ersten CSD 1979 mit dem CSD von 2019 nicht einmal die Teilnehmendenanzahl von damals 700 zu gut 10.000 ins Verhältnis setzen.

Gegenüber 1979 ist unsere politische Aussage schwach, um nicht zu sagen ein Dreck.

Das ist eine Frage, die uns viel mehr beschäftigen sollte. Aber solange wir uns mit Nebensächlichkeiten wie der Frage wie Fetisch sich darzustellen hat beschäftigen, kann die Politik ruhig weiterschlafen und unsere Anliegen ignorieren.

Wer diskriminiert eigentlich?

Nun wurde gegen uns der Vorwurf der Diskriminierung erhoben. Reflexartig stimmten auf dieses Signalwort zahlreiche Akteur:innen vollkommen unreflektiert ein. Die Frage, die wir uns aber tatsächlich stellen müssen lautet, ist es wirklich Diskriminierung? Wird tatsächlich immer die:der diskriminiert die:der am lautesten schreit, dass es so sei?

Wenn wir annehmen, und das sollten wir, dass es queere Menschen gibt, die sich durch zur Schau gestellte Sexualpraktiken daran gehindert fühlen, an der CSD-Demo teilzunehmen, ist auch das eine Form von Diskriminierung. Menschen werden ausgeschlossen! Und dies sind dann tatsächlich eher die marginalisierten Menschen in der Community.

Während sich manche Gruppen durch ihre „Uniformierung“ quasi die Rüstung eines Soldaten überstreifen und als Einheit wahrgenommen werden, haben die marginalisierten Menschen diese Möglichkeit nicht.

Im Zweifelsfalle entsteht bei diesen Menschen dann auch schon ein Unbehagen. Das Gefühl einer Übergriffigkeit. Für einen ebenfalls schwulen Mann, der mit mir zur gleichen Zeit das Abitur gemacht hat und dessen Familie alevitische Wurzeln hat, ist es zum Beispiel – auch auf Grund der Art und Weise wie wir uns manchmal selbst präsentieren – unmöglich, sich zu seiner Sexualität zu bekennen. Sicherlich wird es auch christliche Menschen geben, die sich in traditionellen Gemeinschaften eben nicht outen können. Für diese Menschen sind wir zum Teil mehr Hürde als Hilfe.

In besagtem taz-Artikel sagte Kai Wargalla auch: „Wenn der CSD-Verein zeigen möchte, dass es mehr queere Menschen als schwule weiße Männer gibt, muss er dafür sorgen, dass der CSD diverser wird.“ Vielleicht ist ja grade dieses Anliegen auch ein Grund, dafür zur Schau gestellten Sex einzuschränken, um eben für mehr Diversität zu sorgen. Es kann eventuell sogar zwingende Voraussetzung dafür sein. Damit zeigt sich dann auch, dass es sich hier nicht um Diskriminierung handelt, sondern viel mehr um einen unlösbaren Zielkonflikt. Die Frage ist auch hier mal wieder:

Was kann ich anderen Menschen zumuten ohne sie zu verletzen oder auszuschließen? Wer dies nicht erkennt handelt selbst bewusst oder unbewusst diskriminierend.

Wie kann es weitergehen

In allen Beiträgen dieser Auseinandersetzung wurden bisher immer nur Erwartungshaltungen an den CSD Bremen herangetragen. Es wurde quasi immer gefordert, dass der CSD Bremen etwas für eine bestimmte Gruppe tun möge. Zielkonflikte oder sonstige Restriktionen wurden einfach ausgeblendet. Es war einfach die egoistische, ichbezogene Frage „Was tut der CSD für mich?“. Aber diese Frage ist falsch. Die Frage die ihr euch stellen müsst lautet: „Was kann ich für den CSD tun?“. Die vermeintlichen Defizite des CSD Bremens, die behauptete Diskriminierung gegenüber der Fetisch-Community, ist nicht ein Versagen des Vorstands oder des Orga-Teams. Nein, es ist ein Versagen der Communities: Der Communities, die sich nicht die Frage stellen „Was kann ich für den CSD tun?“.

Der Communities, die mit einer arroganten Selbstverständlichkeit davon ausgehen, dass Menschen, die sich uneigennützig und mit hohem Zeiteinsatz für den CSD engagieren immer jedes Einzelanliegen kennen und zu hundert Prozent umsetzen. Der Communities die die Existenz von Zielkonflikten in Bezug auf ihre eigenen Interessen einfach ausblenden. Es ist bezeichnend, dass in absoluter Unkenntnis der Strukturen des CSD Bremen + Bremerhaven e.V. sofort nach einem Rücktritt des Vorstands gerufen wird. Es mögen sich doch andere Menschen im Verein finden, die bereit sind sich dem Fegefeuer undifferenzierter Kritik auszusetzen und die Organisation zu übernehmen. Tatsächlich hat es im Rahmen dieser Auseinandersetzung keine ernsthafte Anfrage von Menschen aus Bremen gegeben, dem CSD beizutreten und sich dauerhaft selbst zu engagieren.

Wenn aber ein Mensch Repräsentanz für sich einfordert, dann erfordert das auch sein Mitwirken. Der CSD ist kein Pizzadienst wo mensch einfach was auswählen und bestellen kann.

Engagement in einem Verein, der für so eine diverse Gemeinschaft von Communities kämpft, setzt eine hohe Diskussionsbereitschaft voraus. Menschen müssen damit leben können, dass Diskussionen auch ohne Ergebnis enden. Dass das Ergebnis auch mal die Erkenntnis und Akzeptanz von Unvereinbarkeit sein muss. Das setzt bei allen ein höchstes Maß an gegenseitigem Respekt voraus. Darum sollte sich jede:r Einzelne fragen:

Was kann ich für den CSD tun?

Schlussbemerkung und Bewertung

Leute worüber streiten wir eigentlich? Sind das wirklich die Probleme dieser Welt?

Ich könnte diese Liste noch beliebig fortsetzen. Aber ich denke es ist ersichtlich, worum es mir geht.

Und mal ehrlich, es hält doch auch niemand die gut organisierte Fetisch-Community davon ab eigene Demonstrationen zu veranstalten, wo sie selbst die Regeln bestimmen können. Dort können sie dann tatsächlich tun und lassen was sie für richtig halten. Ich jedenfalls halte diese Forderung für ausschließlich selbstbezogen und egoistisch. Mein Engagement für den Christopher Street Day ist tatsächlich selbstlos und zum Beispiel an der Frage des Wohlergehens von jungen Menschen orientiert, die mit ihrer sexuellen Orientierung hadern.

Und noch eine persönliche Anmerkung, die ich im Rahmen der Diskussion unbedingt klarstellen will. (Achtung Polemik!) Wer Fetisch und Drag in einen Topf wirft hat echt keine Ahnung von CSD, Stonewall und „schwuler Subkultur“. Die:der ist einfach nur bescheuert. *Lynn1


*Die Redaktion hat dem/der Autor*in Anonymität zugesagt

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