HIV-Stigmatisierung: (K)ein Ende in Sicht?
Es ist noch viel zu tun: Eine Studie von GLAAD und COMPASS zum Thema HIV-Stigmatisierung in den USA zeichnet ein beunruhigendes Bild. Die im letzten Monat veröffentlichten Ergebnissen machen deutlich, dass noch immer ein eklatanter Wissensmangel zum Thema HIV herrscht – insbesondere bezogen auf die Kenntnisse der Bevölkerung zu HIV-Übertragungswegen und neuen medizinischen Errungenschaften. Daraus könnte resultieren, dass die Stigmatisierung von HIV-positiven Menschen weiter bestehen bleibt – und zum Beispiel ganze 53 Prozent der Befragten angaben, sie würden sich unwohl fühlen, wenn sie von medizinischem Fachpersonal, zum Beispiel Ärzt*innen, mit HIV-positivem Status behandelt würden.
Die 2021 State of HIV Stigma Study ist eine nationale Umfrage der queeren Medien-NGO GLAAD in Zusammenarbeit mit der vom Pharmazikonzern Gilead in Auftrag gegebenen COMPASS-Initiative – einem 10-Jahres-Plan, dessen Ziel es ist, die HIV-Epidemie in den Südstaaten zu beenden. Die Untersuchung thematisierte die Einstellung der US-Amerikaner gegenüber HIV und Menschen, die mit HIV leben. Sie wurde zwischen dem 14. Januar 2021 und dem 29. Januar 2021 im Rahmen einer Online-Umfrage unter 2517 Erwachsenen ab 18 Jahren in den USA durchgeführt. Die nun im Sommer veröffentlichten ausgewerteten Ergebnisse zeigen noch immer unbegründete Ängste vor HIV+ Menschen und eklatante Wissenslücken der Bevölkerung.
Die wichtigsten Zahlen im Überblick:
- … Um drei Prozent sank der Anteil derer, die sich über HIV informiert fühlen – das gaben nämlich nur 48 Prozent verglichen mit 51 Prozent in 2020 an
- ... Bloß 64 Prozent der Befragten wussten, dass es Medikamente gibt, die Menschen vor einer Ansteckung mit HIV schützen
- ... und nur 42 Prozent war bewusst, dass Menschen mit HIV das Virus nicht weitergeben können, wenn sie eine wirksame Behandlung erhalten
- … 53 Prozent der befragten Nicht-LGBTQ-Personen gaben an, dass sie sich unbehaglich fühlen würden, wenn sie mit einer medizinischen HIV+ Fachkraft zu tun hätten
- … 44 Prozent empfanden dasselbe in der Nähe eines Friseurs oder Barbiers mit HIV
- … und 35 Prozent erklärten, sie würden sich in der Nähe eines Lehrers mit positivem HIV-Status unwohl fühlen
- … Das Unbehagen in Bezug auf Menschen mit HIV ist im Mittleren Westen höher und im Süden der USA mit 54 Prozent am größten – im Westen und Nordosten der USA liegt es laut Studie zwar niedriger, aber trotzdem bei 45 Prozent
- ... Positiv: 56 Prozent der nicht-LGBTQ-Befragten stellten fest, dass sie in den Medien mehr Berichte über Menschen mit HIV sehen – vier Prozentpunkte mehr als 2020
Aufklärungspflicht für die Medien
Sichtbarkeit in den Medien – hier knüpft auch der Bericht von GLAAD und Gilead an. Darin wird mehr Repräsentation in den Medien gefordert, um den aktuellen Stand der Forschung zu dokumentieren, außerdem werden Empfehlungen für die Medien ausgesprochen, um die Berichterstattung über HIV und Menschen, die mit HIV leben, zu verbessern. Der Bericht enthält zusätzlich Strategien von führenden Vertretern der HIV-Aufklärung und -Behandlung zur Bekämpfung der Stigmatisierung in allen Bereichen der Gesellschaft.
DaShwan Usher, GLAADs stellvertretender Direktor für Communities of Colour, erklärte in einer Stellungnahme, sie hätten durch die Studie bereits das zweite Jahr in Folge feststellen müssen, dass die Stigmatisierung von HIV nach wie vor hoch und das Wissen über HIV bei den Amerikanern nach wie vor gering sei. Man müsse kritisch und bewusst darüber nachdenken, wie man die Amerikaner wirklich mit Fakten, Ressourcen und wissenschaftlichen Fortschritten über HIV ausstatten und ansprechen könne, um die Epidemie zu beenden. Usher sieht einen Großteil der Aufgabe bei den Medien:
„Wir müssen die Medien gegenüber den 1,2 Millionen Amerikanern, die mit HIV leben und nicht gesehen, dargestellt oder diskutiert werden, in die Pflicht nehmen. Ihre Geschichten sind wichtig und mehr als würdig, erzählt zu werden.“