INTERVIEW • Bundeslurch und Testosterontaliban

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Foto: Barbara Frommann, Bonn

Ein neuer Verlag für nicht nur queere Fantasyliteratur und wissenschaftliche Arbeiten schickt sich an, von Bonn aus die Bücherregale der Republik zu erobern. Wir sprachen mit Hagen Ulrich, der außerdem Models für ein Kalenderprojekt sucht. Mitmachen?

Foto: Barbara Frommann, Bonn

Ihr sucht Models? Wofür genau?

Diese Idee entstand, als wir für Shirts und Hoodies aus dem Fanshop des Bundesamtes für magische Wesen jemand brauchten, der die Textilien präsentiert. Wir fanden einen Sportler, der von einem unserer Maskenbildner dezent und alltagstauglich als Vampir zurechtgeschminkt wurde und die Shirts bei einem Shooting für den Webshop präsentierte. Und dann kamen plötzlich aus den Reihen unserer Autor*innen und Fans die Idee: „Macht doch mal einen Fotokalender mit bissigen Vampiren, Werwölfen und zarten Elfen – aber ganz im Stil Australian Firefighters mit Sixpack und oberkörperfrei.“

Und wer darf sich bewerben?

Jeder, der Spaß dabei hat, sich vor der Kamera zu zeigen und mal so richtig den Kerl präsentieren möchte. Aber neben dem muskelbepackten Testosterontaliban, aus dem wir einen Werwolf oder Vampir machen, darf sich auch gern der zarte Twink melden, den wir dann eben in einen Elfen verwandeln. Es sollen keine pornografischen Aufnahmen werden, leicht erotisch gern und mit Klischees spielend. Bewerbt euch per Mail!

Der Kalender erscheint in einem neuen Verlag. Was hat es mit dem Bundeslurch Verlag auf sich?

Der Bundeslurch Verlag trägt das Bundesamt für magische Wesen, eine fiktive Behörde zur Verwaltung der Angelegenheiten von Hexen, Drachen und Vampiren. Die Idee haben wir mit Ulrich Kelber, dem Staatssekretär im BMJ und Bonner Abgeordneten, und einigen Autoren entwickelt. Gäbe es diese mythischen Figuren tatsächlich, wäre das in Deutschland kein Problem. Man müsste das nur ordentlich verwalten. Und dafür sind wir Deutschen ja bekannt und berüchtigt. Weltweit.

Diese skurrile Idee wurde so populär, dass es in Bonn mittlerweile ein Haus mit Amtsschild, Dienstwagen und Deutschlandfahne samt Logo gibt, das wir für das BAfmW gekauft haben. Man kann uns wirklich besuchen. Tja, und dann meldeten sich junge Autoren und fragten, ob wir nicht deren Bücher verlegen könnten. Warum nicht?

Wen wollt ihr verlegen?

Wir treten nach außen hin als Amt auf, das heißt, unsere Bücher werden als Hardcover im Layout einer Behörde mit einem Vorwort unseres Amtspräsidenten gedruckt. Diese Figur haben wir uns übrigens beim Auswärtigen Amt ausgeliehen. Edmund F. Dräcker geistert seit neunzig Jahren durch die Akten des Auswärtigen Amtes, wurde wirklich entnazifiziert und ist jetzt mit 138 Jahren (!) Präsident des Bundesamtes für magische Wesen. Einen preußischen Beamten in seinem Drang, dem Vaterland zu dienen, bremsen weder Pensionierung noch der Tod.

Wenn Theologen Literatur über Engel, Gott & Konsorten publizieren, dann darf unser „Amt“ eben auch zu den zutiefst missverstandenen Vampiren, Werwölfen und Drachen forschen und die Forschungsergebnisse als amtliche Dokumentation präsentieren. Theologie lassen wir mal außen vor, die hat ja bereits ihr Fandom.

Spaß beiseite, neben Belletristik, also Fantasyromanen wie „Twilight“, „Harry Potter“ oder „Herr der Ringe“, soll es eine zweite Reihe geben, und das sind Sachbücher und wissenschaftliche Fachpublikationen, die in den unterschiedlichsten Bereichen von Anglistik über Literaturwissenschaft bis Skandinavistik Aspekte der Fantasyliteratur und Mythologie untersuchen. Zu „Harry Potter“, „Dracula“ und „Game of Thrones“ werden tatsächlich Dissertationen geschrieben, und darunter sind wirklich interessante Publikationen.

Wie können sich Autoren bewerben?

Kurze Autorenvorstellung, ein Exposé oder Manuskript per E-Mail an verlag@bundeslurch-verlag.de, der übliche Weg für Autoren eben. Es ist natürlich kein explizit queeres Projekt, wir interessieren uns auch für Geschichten über nachbarschaftsaffine, nicht glitzernde Vampire – ebenso wie für eine Dissertation, die sich mit dem Wandel des Vampirs von Dracula bis Edward beschäftigt, oder das Frauenbild in „Game of Thrones“ untersucht.

*Interview: Christian Knuth

https://bundeslurch-verlag.de/ / www.bundesamt-magische-wesen.de

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