Jan-Philipp Kalla: „Ich glaube, dass sich in Fußball-Deutschland nicht wirklich was getan hat“

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Fußballprofi Jan-Philipp Kalla (33) vom FC St.Pauli rief am Wochenende im Rahmen eines schwulen Fußballturniers in Hamburg zu mehr Toleranz im Fußball auf. Er beleuchtete die Situation, der sich ein aktiver Spieler bei einem Coming-out aussetzen würde.

Foto: Northside / CC BY-SA 3.0, / wikimedia.org

Der Profi war Ehrengast bei der Siegerehrung des Freizeitturnieres Startschuss Masters, einem der größten deutschen Freizeitturniere für schwule Fußballer. Veranstalter war der schwul-lesbische Sportverein Startschuss SLSV Hamburg, insgesamt nahmen Mannschaften aus vier europäischen Ländern Teil. Das Turnier gewann der Verein PAN Fodbold aus Kopenhagen.

Bei der Siegerehrung im Hamburger Rathaus nutzte Kalla die Gelegenheit, in seiner Rede über Homosexualität im Profifußball und Toleranz in Fußballdeutschland zu sprechen. Er fragte: 

„Warum schaffen wir es heutzutage nicht, es Fußballspielern leicht zu machen, sich zu outen?“

Seine Rede basierte zu Teilen auf einem flammenden Facebook-Posting, das er im letzten Jahr auf Facebook veröffentlichte – nachdem er mit Mannschaftskollegen den Film Mario gesehen hatte, der das Thema Homosexualität im Fußball behandelte.


Mögliche Probleme bei Auswärtsspielen und Sponsorensuche

In seinem Post nahm Kalla auch Bezug auf das Outing Thomas Hitzlspergers im Jahre 2014 –  für Kalla ein mutiger Schritt. 

„Ich war nicht der einzige, der dachte, dass ihm weitere Spieler folgen würden. Aber das blieb aus – warum auch immer"

Noch sei nicht klar, was passieren würde, wenn sich ein Spieler während seiner aktiven Spielphase oute. Welchen Restriktionen wäre ein aktiver Spieler nach seinem Coming-out ausgesetzt? Kalla erzählte, mit Mannschaftskollegen darüber geredet zu haben, ob ein solches Outing Unruhe in die Mannschaft bringen würde. Sie alle waren der Meinung, in ihrem Verein würde dies nicht der Fall sein, so der Fußballer.

Foto: YouTube / Startschuss e. V.

Mögliche Probleme sieht Kalla auch nicht bei den eigenen Fans des Vereins  – hingegen jedoch bei Auswärtsspielen. Rassistische und homophobe Beleidigungen sollten kein Thema mehr sein, die Realität sähe aber leider anders aus. Und falls Sponsoren oder Partner des Vereins ein Problem mit dem Coming-out eines Profis hätten, sollten die Vereine in Zukunft möglicherweise darüber nachdenken, die Sponsoren zu tauschen – nicht die Spieler, so Kalla. 

Seine Rede endete mit den Worten:

„Ich glaube, dass sich in Fußball-Deutschland nicht wirklich was getan hat. Es bleibt also weiterhin an uns, sich laut zu machen und Flagge zu zeigen. Laut gegen Homophobie und Sexismus, laut für eine bunte, offene und tolerante Gesellschaft.“

Zum Anlass war Kalla passend gekleidet: In einem T-Shirt mit St.-Pauli-Totenkopf in Regenbogenfaben und der Aufschrift „Lieb doch wen du willst“ auf dem Rücken.

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