Kirchliches Arbeitsrecht: Queer ist jetzt ok

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Die katholische Kirche in Deutschland hat ihr Arbeitsrecht dahingehend geändert, dass Menschen nicht mehr entlassen werden können, weil sie in einer homosexuellen Beziehung leben oder nach einer Scheidung wieder heiraten. Indes haben Vertreter des synodalen Wegs in Rom vorgesprochen und ihr Engagement für Reformen bekräftigt.

Rund ein Jahr, nachdem die Initiative Out in Church mit einer großen Kampagne und Coming-Out-Aktion auf die Missstände für Beschäftigte der Katholischen Kirche hingewiesen und Änderungen am kirchlichen Arbeitsrecht gefordert hatte (männer* berichtete), kam die Deutsche Bischofskonferenz den Forderungen in Teilen nach. Am 22. November wurde die neue „Grundordnung des kirchlichen Dienstes“ verabschiedet.  

„Vielfalt in kirchlichen Einrichtungen wird ausdrücklich wie nie zuvor als Bereicherung anerkannt“, teilte die Deutsche Bischofskonferenz mit. „Solange sie eine positive Einstellung und Offenheit gegenüber der Botschaft des Evangeliums mitbringen [und] den christlichen Charakter der Institution respektieren“.

„Alle Mitarbeitenden können unabhängig von ihren konkreten Aufgaben, ihrer Herkunft, ihrer Religion, ihrem Alter, ihrer Behinderung, ihrem Geschlecht, ihrer sexuellen Identität und ihrer Lebensform Repräsentantinnen und Repräsentanten […] einer den Menschen dienenden Kirche sein.“

Kritik am Fortbestand gewisser Sonderrechte 

Die Neuregelung ist jedoch nur eine Empfehlung und muss erst von den 27 Bistümern in Deutschland angenommen werden, bevor sie rechtsgültig wird. Außerdem gilt sie nicht für alle. Führungskräfte, pastorale Mitarbeitende und Religionslehrer*innen bleiben davon ausgeschlossen. Folgerichtig sehen Reformbewegungen in der Änderung beileibe nicht den großen Durchbruch. OutInChurch-Sprecher Rainer Teuber bezeichnete das neue Arbeitsrecht lediglich als Teilerfolg. Es wäre deutlich mehr drin gewesen, so Teuber.

Foto: Nicole Cronauge, Bistum Essen

Von den Gewerkschaften hagelte es von Anfang an Kritik. Als im Mai 2022 der Entwurf für das nun nahezu unverändert verabschiedete Arbeitsrecht vorgestellt wurde, erklärte Verdi-Bundesvorstand Sylvia Bühler, der Entwurf bleibe „weit hinter dem zurück, was dringend erforderlich wäre, um den rund 700.000 Beschäftigten allein bei der Caritas endlich umfassende Rechte einzuräumen“ (männer* berichtete). Verdi hatte moniert, dass auch im neuen Arbeitsrecht Tarifverträge nicht auf Augenhöhe ausgehandelt werden können, Beschäftigten in katholischen Einrichtungen das Grundrecht auf Streik untersagt bleibt und in Fragen der Glaubens- und Meinungsfreiheit weiterhin Sanktionen bis hin zum Verlust des Arbeitsplatzes möglich sind. So läuft jemand, der katholisch getauft ist und austritt, weiterhin Gefahr, seinen Job zu verlieren. 

Synodaler Weg: Weitere Reformen in Aussicht

Indes haben deutsche katholische Bischöfe nach einem Treffen mit Papst Franziskus und anderen Vertretern des Vatikans im Rahmen des Ad-limina-Besuchs* in Rom die Fortsetzung des Synodalen Wegs bekräftigt. Die progressive katholische Bewegung will Reformen durchsetzen und homosexuelle Paare segnen, Priester verheiraten und Frauen zu Diakonen weihen. Das passt dem Vatikan nicht. Mit den Reformen würde die Kirche ein Schisma riskieren, so die Meinung des Vatikans.

Foto: Deutsche Bischofskonferenz/Daniela Elpers

Entsprechend gemischt liest sich das Pressestatement des Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz, Bischof Dr. Georg Bätzing:

„Wenn ich sagte, dass alle Themen auf den Tisch kamen, dann war es vor allem die Frage, wie eine Evangelisierung in der Herausforderung eines säkularisierten Zeitalters gelingen kann. Es geht immer darum, im Hier und Jetzt die Botschaft zu entdecken und nicht nur auf das Gestern zu schauen. Dabei müssen wir stets mit dem Risiko einer – wie es Papst Franziskus sagt – ‚verbeulten Kirche‘ rechnen.

Das Gespräch mit Papst Franziskus hat uns ermutigt. Auch da sind die unterschiedlichen Positionen in unserer Bischofskonferenz vorgebracht worden. Der Heilige Vater hat uns deutlich gemacht, dass Spannungen notwendig sind, unter welchen Spannungen er steht und dass zur Lösung Mut und Geduld notwendig sind. Wir haben in Rom hart in der Sache und verbindlich im Ton diskutiert und dabei gespürt, dass Dialog auf diese Weise gelingen kann und gelungen ist.“


* Römisch-katholischen Bischöfe sind nach katholischem Kirchenrecht dazu verpflichtet, dem Papst alle fünf Jahre persönlich einen Besuch abzustatten und ihm Bericht über den Zustand der jeweiligen Diözese zu geben. Dieser Besuch wird Ad-limina-Besuch genannt.

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