Heute vor 100 Jahren: Rechtsextremer Anschlag auf Magnus Hirschfeld

by


Antisemitismus und rechter Terror sind in Deutschland wieder zum Alltag geworden. München kann sich nicht rühmen, davon eine Ausnahme zu bilden. Ein Blick in die Vergangenheit zeigt, wie lange diese gefährliche Tradition zurückreicht.

Vor 100 Jahren waren in München die politischen Verhältnisse ganz andere: Rechter Terror war legitimiert, die Polizei schritt kaum dagegen ein und der Ministerpräsident wandte sich offen gegen das demokratische Berlin. In diese „Ordnungszelle Bayern“ reiste damals ein homosexueller, sozialdemokratischer Jude, der berühmte Sexualforscher Magnus Hirschfeld, um auch der bayerischen Landeshauptstadt etwas Sexualaufklärung angedeihen zu lassen und seiner Forderung nach Entkriminalisierung der männlichen Homosexualität Ausdruck zu geben. In die Tonhalle an der Briennerstraße kamen zahlreiche Gäste – auch ungebetene, denn der Vortrag wurde von Anfang an gestört. Als Hirschfeld geendet hatte und das Haus verließ, wurde er brutal zusammengeschlagen.

Foto: Wellcome Library, London


Die Nachricht drang bis in die USA, wo sie in der Presse als „the first pogrom in Germany“ verbreitet wurde. Die rechtsnationale Presse griff das Thema dagegen genüsslich auf und diffamierte den schwerverletzten Hirschfeld aufs Übelste – allen voran der heute immer noch so beliebte Ludwig Thoma.

Onlineveranstaltung am Jahrestag

Das Forum Queeres Archiv München e.V. hat sich des Themas angenommen. Gemeinsam mit dem NSDokumentationszentrum wird es am 4. Oktober 2020, eine Online-Veranstaltung durchführen. Parallel dazu wird eine Publikation des Forums an den Anschlag erinnern. Darin wird der politische Hintergrund Bayerns und die gesellschaftliche Situation der Homosexuellen vor 100 Jahren analysiert, Hirschfeld als Vortragsredner skizziert und der Abend des Anschlags rekonstruiert sowie ein neuer künstlerischer Ansatz vorgestellt, Historie in die Gegenwart zu holen.

Das Taschenbuch mit dem Titel „Der Anschlag auf Magnus Hirschfeld – Ein Blick auf das reaktionäre München 1920“ mit Beiträgen von Albert Knoll, Erwin In het Panhuis, Philipp Gufler und Ralf Dose wird im Oktober vorliegen. *Forum Queeres Archiv München e.V. / ck

4.10.2020, NS-Dokumentationszentrum München, Max-Mannheimer-Platz 1, München, Link zum Zoom-Webinar (Kenncode: Kenncode: 990653)

Back to topbutton