UEFA-Regenbogenverbot: „Jetzt sind die Fans gefragt!“

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Die UEFA hat es untersagt, die Münchner Arena beim letzten EM-Vorrundenspiel der deutschen Fußball-Nationalmannschaft gegen Ungarn am Mittwoch in den Regenbogenfarben erstrahlen zu lassen. Aufgrund des politischen Kontextes müsse der Antrag abgelehnt werden, erklärte die Europäische Fußball-Union am Dienstag.

Angestoßen hatte die Debatte Georg Restle vom ARD-Politmagazin Monitor. Er hatte dazu aufgefordert, zum Beispiel mit Regenbogenfahnen zum Spiel zu gehen.

Aus dieser Idee entwickelte LGBTIQ*-Aktivist Oliver Greve, der in Hamburg zum Christopher Street Day (CSD) die Aktion Hamburg zeigt Flagge organisiert, wiederum den Vorschlag, die Allianz-Arena beim Ungarnspiel in Regenbogenfarben leuchten zu lassen. Er schrieb an den DFB und Bayern München und postete die Idee auf Facebook. Die Sache ging viral, wurde von Medien und einer Onlinepetition mit inzwischen über 175.000 Unterstützer*innen aufgegriffen und erreichte so schließlich auch den Münchner Stadtrat, der sich in einem fraktionsübergreifenden Antrag dafür aussprach, das Fußballstadion zum Gruppenspiel gegen Ungarn am Mittwoch als „Zeichen für Weltoffenheit und Toleranz“ in den Regenbogenfarben zu beleuchten. Die AfD wies per Tweet darauf hin, dass sie keine Fraktionsstärke erreiche im Stadtrat und selbstverständlich gegen das Vorhaben stimmte. Der AfD-Reserveoffizier Uwe Junge fand es sogar angebracht von einer Schwuchtelbinde“ zu tweeten (männer* berichtete). 

UEFA stellt sich quer gegen Queers

Daraus wird wohl nun nichts, denn DFB-Pressesprecher Jens Grittner ließ bereits auf einer Pressekonferenz durchklingen, dass der DFB bei der Beleuchtung der Arena in München beim Spiel gegen Ungarn nicht auf Regenbogenfarben pochen würde. Die UEFA habe Richtlinien kommuniziert, wie die Stadien während der EM erscheinen sollten. An diese solle man sich halten. Das sehen Spieler der Nationalmannschaft durchaus anders.

Foto: Philpp Guelland / AFP / POOL

Leon Goretzka begrüßte auf der Pressekonferenz Aktionen beim Spiel: „Ich bin froh über jedes Zeichen, das gesetzt wird." Nach heutigem Stand der Dinge plant auch Manuel Neuer, wie bisher bei jedem Spiel dieser EM und durch die UEFA geduldet, seine Regenbogenkapitänsbinde zu tragen. 

„Es ist sehr schade das die UEFA die Chance nicht nutzt ein klares Zeichen zu setzen und auch der DFB sich eher zurückhaltend geäußert hat,“

sagte Oliver Greve, offizieller Flaggenbeauftragter von Hamburg Pride gegenüber männer* spontan und ergänzte „Jetzt müssen, wie von Georg Restle ursprünglich vorgeschlagen, die Fans ran.“

Münchener Oberbürgermeister kündigt Alternativprotest an

Er fände es „beschämend, dass die UEFA es uns verbietet, hier in München ein Zeichen für Weltoffenheit, Toleranz, Respekt und Solidarität mit der LGBTQI+-Community zu setzen", lies Münchens OB Dieter Reiter in einer Stellungnahme mitteilen. Auch kritisiert er den DFB. „Der Alternativvorschlag, die Allianz Arena an einem anderen Tag zu beleuchten, konterkariert doch jegliche Botschaft, die von einer Regenbogenbeleuchtung ausgehen soll." Deshalb werde München deutlich sichtbare anderen Aktionen durchführen:

Foto: Michael Siebert auf Pixabay

„Wir werden nicht nur das Münchner Rathaus mit Regenbogenfahnen beflaggen - ich gehe davon aus, dass der Stadtrat das morgen mit breiter Mehrheit so beschließen wird – sondern auch das Windrad an der Arena bunt leuchten lassen und den Münchner Olympiaturm. Denn es geht uns um ein Signal für ein nicht verhandelbares Grundrecht aller Menschen: um Gleichberechtigung und Toleranz.“

Dieter Reiter

CSD München will Protestaktion vor und im Stadion

Das sehen dank bundesweiter Aufmerksamkeit, nicht zuletzt auch wegen des Rummels um die Regenbogenkapitänsbinde von Manuel Neuer (männer* berichtete) für die Thematik, auch andere so. Der CSD Deutschland e.V. und CSD München werden mit weiteren Partner*innen wie Amnesty International / Queeramnesty den Fans am Mittwochabend Fahnen zur Verfügung stellen.

„Spielen alle Fans mit, können wir auf 11.000 Regenbogenfahnen und eine regenbogenfarbene Kapitänsbinde beim Spiel gegen Ungarn hoffen, die ein deutliches Zeichen gegen Homo- und Trans*-Feindlichkeit im Sport und für die Achtung von Menschenrechten in Europa setzen. Zeigen wir LGBTIQ* in Ungarn, dass sie nicht alleine sind. Zeigen wir aller Welt, dass Menschenrechte für alle zu gelten haben. Was hier mitten in Europa und der EU passiert, darf nicht hingenommen werden!“ Das Bündnis erhofft sich so „eine Kulisse, die sich auch durch die filigranste Bildregie nicht ausblenden lässt.“

CSD München & CSD Deutschland

Dávid Vig, Direktor von Amnesty International in Ungarn, sagt:

„Es ist ein hoffnungsfrohes Zeichen für jedes Mitglied der LGBTI-Community in Ungarn, wenn wir beim Spiel in München vor und im Stadion für eine regenbogenfarbene Kulisse sorgen und der Kapitän der deutschen Nationalelf mit Regenbogen-Armbinde aufläuft – gerade nach der Verabschiedung des jüngsten Anti-LGBTI-Gesetzes in Ungarn.“

Auch die Fußballvereine 1. FC Köln und Eintracht Frankfurt wollen ihre Stadien solidarisch schmücken.

Oliver Greve zeigt sich begeistert von soviel Aufmerksamkeit und Initiative: „Hamburg zeigt Flagge“ ist ein Herzensprojekt, weil ich glaube, dass Sichtbarkeit unsere schärfste Waffe gegen Queerfeindlichkeit und Hass ist. Dass hier ein so breites Bündnis von der Nationalmannschaft selbst über die Stadt München bis zur Zivilgesellschaft Haltung zeigen will, ist großartig.“ Das nun andere Stadien „einspringen“ und Stadien in Regenbogenfarben leuchten lassen oder Regenbogenflaggen hissen, zeige die breite Unterstützung.

Grüne unterstützen Protestaktionen

Foto: Fraktion Bündnis90/Grüne

Unterstützung für die Pläne kommt aus dem Bundestag. Sven Lehmann und Ulle Schauws, Sprecher und Sprecherin für Queerpolitik der Grünen Bundestagsfraktion sagten in einer Pressemitteilung:

„Das Verbot einer Regenbogen-Beleuchtung ist ein Armutszeugnis für die UEFA.“

Die öffentliche Debatte seit unglaublich wichtig, denn sie trage dazu bei, „dass wir uns als Gesellschaft mit den wichtigen Belangen von Lesben, Schwulen, Bisexuellen, trans- und intergeschlechtlichen Menschen auseinandersetzen und uns mit ihnen solidarisieren.“ *AFP/ck

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