KORRUPTION, PROSTITUTION, ORGANHANDEL, SCHWULENBAR

Ein wirklich hübscher thematischer Zusammenhang, den Iris Radisch, Literaturjournalistin der Wochenzeitung „Die Zeit“, da am 3. November im Kulturzeit-Interview auf 3sat herstellt.

Eingeladen hatte die Redaktion von Kulturzeit zu einem Gespräch über Serhij Zhadans neues Werk „Hymne der demokratischen Jugend“. Als Iris Radisch versucht zu umschreiben, wie die Lebensumstände in der ukrainischen Stadt Charkiw sind, kommt es zu folgendem, denkwürdigen Satz:

„Was man da hat, das ist wirklich das verkommene und zerfallene, postsowjetische System mit Korruption, Prostitution, Organhandel, Schwulenbar (äh) alles, was man sich vorstellen kann an Verkommenheit.“

Wow. Das sitzt. Hätten wir gar nicht erwartet, von einer Frau, die gerne für das schwulenfeindliche Portal „kath.net“ referiert und im Interview mit der „Süddeutschen Zeitung“ nicht alle Familienkonzepte „gleich bunt und lustig“ empfindet.

Nach aufgeregter Blog-Diskussion ließ sich die Kulturzeit-Redaktion zwischenzeitlich zu einer Stellungnahme hinreißen. Wohlgemerkt nicht in der Live-Sendung, sondern im Internet:

„Wir haben viele - zum Teil heftige - Reaktionen auf das Literaturgespräch vom 3.11.2009 zum neuen Roman des ukrainischenAutors Serhij Zhadan bekommen. Bei Iris Radischs Beschreibung des literarischen Kosmos war bei einigen Zuschauern offenbar der Eindruck entstanden, unsere Kritikerin selbst hielte die in dem Roman satirisch beschriebene Gründung des Schwulen-Clubs "Die Butterbrot-Bar" für ein Beispiel postsozialistischer Verkommenheit.

In der Geschwindigkeit des Gesprächs unter Live-Bedingungen war jedoch schlicht die Differenzierung zwischen fiktiver Romansatire und persönlicher Überzeugung unter die Räder gekommen. Schwulenbars, egal ob im Postkommunismus oder im Kapitalismus, hält Iris Radisch für kein Anzeichen von Verkommenheit. Dennoch möchte sie sich bei allen, die sich durch dieses Missverständnis verletzt fühlen, entschuldigen.“

Liebe Frau Radisch,

wir entschuldigen sicherlich jedes Missverständnis, solange es sich um ein solches handelt. Die Wiederholung des Zusammenhangs zwischen Verkommenheit und schwulem Lifestyle nur einige Sekunden später im Interview lässt uns aber daran zweifeln, dass ihre Entschuldigung eine Herzensangelegenheit ist.

Mit freundlichem Gruß

●Christian Knuth

Internet: DAS INTERVIEW HIER (TIMECODE 1:43 -1:59 UND 2:50 bis 3:02)

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