PRO UND CONTRA: POLITIKER REISEN NICHT NACH SOTSCHI

© Foto: Presse- und Informationsamt der Bundesregierung

Die Absage von Bundespräsident Joachim Gauck (Foto) an die Olympischen Spiele in Sotschi zieht weitere Kreise:

Der französische Präsident François Hollande wird nun auch nicht nach Russland reisen, ebenso wie der belgische Premier Elio di Rupo, der erste offen schwule Regierungschef eines Landes.

Ähnlich wie bei Gaucks Erklärung nennen auch Hollande und di Rupo keine Gründe für ihr Fernbleiben – ob es mit der Menschenrechtssituation in Russland zusammenhängt, bleibt also Spekulation. Zumindest hat das deutsche Bundespräsidialamt einen solchen Zusammenhang bislang nicht dementiert.

Die Diskussion geht indes weiter: der Sonderberater des UN-Generalsekretärs für Sport im Dienste von Frieden und Entwicklung Willi Lemke, kritisiert den Boykott der Olympischen Spiele. Politische Konflikte sollten seiner Meinung nach nicht über den Sports ausgetragen werden. Er plädiert stattdessen für einen offenen Dialog. Auch Robert Harting, Diskuswerfer und Sportler des Jahres 2013, kritisiert die Absagen der Politiker als „falsches Zeichen“.

Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International lehnt einen Boykott der Olympischen Spiele aus politischen Gründen ab – Sportler und Funktionäre sollten lieber die Gelegenheit nutzen, sich zu Verstößen gegen Menschenrechte deutlich zu äußern und die Regierung so unter Druck zu setzen.

„Human Rights Watch“, eine weitere Menschenrechtsorganisation, lobte indes in einem Interview mit der Frankfurter Allgemeinen Zeitung Joachim Gaucks Entscheidung als starkes Zeichen, ähnlich äußerte sich der Grüne Europaabgeordnete Daniel Cohn-Bendit in einem Interview des französischen Radiosenders Europe 1; die Eröffnungszeremonie der Olympischen Spiele wäre „nichts anderes als eine Verneigung vor dem allmächtigen und omnipräsenten Putin“.

Die amerikanische Regierung scheint derzeit die eleganteste Lösung gefunden zu haben: laut Agenturmeldungen wird Präsident Obama wegen Terminschwierigkeiten nicht nach Russland kommen, dafür sendet das Weiße Haus unter anderem die Tennis-Legende Billie Jean King und Eishockey-Spielerin Caitlin Cahow. Die offen lesbisch lebende King feierte ihre Erfolge in den 1970er Jahren und macht sich heute für Homo-Rechte stark. Die ebenfalls lesbische Caitlin Cahow ist Spielerin des amerikanischen Eishockey-Nationalteams.

Die Olympischen Winterspiele in Sotschi finden von 7. bis 23. Februar statt. Unter anderem wird die russische Regierung wegen ihres sogenannten „Anti-Homosexuellen-Gesetzes“ kritisiert, dass "Propaganda von nicht traditionellen sexuellen Beziehungen unter Minderjährigen" verbietet – strafbar macht man sich also schon dann, wenn man sich positiv über Homosexualität äußert. •bjö

Back to topbutton