INTERVIEW • „HOMOFEINDLICHER UNFUG!“

© Foto: Ck

Die Politik in Hamburg hoffte, dass der Kelch der Bildungsdebatte an ihr vorübergeht. Allem Anschein nach ist dies – trotz völlig anderer Basisvoraussetzungen – nur Wunschdenken. Auf Anfrage der oppositionellen CDU in der Hamburger Bürgerschaft zog die Schulbehörde das Handbuch „Sexualpadagogik der Vielfalt“ zurück, beziehungsweise strich es von der Liste der empfohlenen Lehrmittel. Der frisch gewählte neue Erste Vorsitzende von Hamburg Pride, Stefan Mielchen, reagierte in einer Pressemitteilung empört: „Das Buch wird nicht aus fachlichen Gründen zurückgezogen, sondern aus Feigheit ... Ich fordere die Schulbehörde auf, unverzüglich in eine fachliche Diskussion einzusteigen und zu erklären, warum diese Empfehlung plötzlich keine Gültigkeit mehr hat ... Oder, um es mit dem Hamburger CSD-Motto 2015 zu sagen: Akzeptanz ist schulreif: Sexuelle Vielfalt gehört auf den Stundenplan!“ •ck

WIE IST EURER MEINUNG NACH DIE LAGE IN HAMBURG, WAS VIELFALT SEXUELLER IDENTITÄTEN IM SCHULUNTERRICHT BETRIFFT?

In Hamburg gibt es für den Unterricht entsprechende Handreichungen des Instituts für Lehrerbildung. Hier wird auch das Schulaufklärungsprojekt Soorum beteiligt. Das ist gut, aber ausbaufähig. Aktuell arbeitet sich die „Demo für alle“-Bewegung von Baden-Württemberg aus in den Norden vor, um genau dagegen auf die Straße zu gehen. Die haben auch Hamburg auf dem Schirm und bereits einen ersten Erfolg erzielt: Auf Druck der CDU hat die Schulbehörde das Handbuch „Sexuelle Vielfalt“ vorläufig aus dem Verkehr gezogen. Ich fürchte, dass da noch mehr kommt.

HABT IHR SCHON KONKRETE FORDERUNGEN FORMULIERT, VIELLEICHT AUCH IM HINBLICK AUF DIE ANSTEHENDE BÜRGERSCHAFTSWAHL?

Für Hamburg wird es jetzt darum gehen, das Motto gemeinsam mit Fachleuten und den entsprechenden Projekten inhaltlich umzusetzen. Dafür brauchen wir Bündnispartner über den eigenen Tellerrand hinaus. Die Debatte um die Schulaufklärung wird derzeit hochemotional geführt, selbst in Qualitätszeitungen steht seitenweise homofeindlicher Unfug. Dem müssen wir sachlich und konstruktiv begegnen. Unsere Gegner sitzen hier weniger im Rathaus als bei den selbst ernannten „Familienschützern“. Sollte die AfD in die Bürgerschaft kommen, kann sich das ganz schnell ändern.

WEGEN DES UMBAUS DER LANGEN REIHE UND BAUMASSNAHMEN AN DEN ALSTERBRÜCKEN GIBT ES EINE LEBHAFTE DISKUSSION ÜBER DIE CSD-ROUTE 2015. WIE IST DER STAND DER PLANUNG?

Ich kann mir zwar keinen besseren Durchlauferhitzer zum Start vorstellen als die Lange Reihe, aber mit Lamentieren kommen wir nicht weiter. Deshalb sitzen wir in Kürze mit der Versammlungsbehörde zusammen und beraten gemeinsam, was im August 2015 möglich ist.

WIE IST DER STAND BEI DER GRÜNDUNG DER HAMBURG-PRIDE-STIFTUNG?

Mittlerweile gibt es eine genehmigungsfähige Satzung. Jetzt müssen wir möglichst viel Kapital einsammeln, um die Stiftung gründen zu können. Lotto spielen alleine wird da leider nicht reichen.

NEUE KÖPFE BEI HAMBURG PRIDE

Neuer Vorstand, ein treffendes CSD Motto 2015 und auch gleich der erste diesbezügliche Aufhänger in der Bürgerschaft (siehe Interview). Die neuen Köpfe des mitgliederstärksten CSD-Vereins der Republik starten laut in die neue Saison. Ihre persönliche Motivation für die queermenschenrechtliche Ehrenamtsarbeit verraten sie hier. Vielleicht ja Ansporn für den einen oder anderen Leser, sich ebenfalls mehr zu engagieren? Klickt euch durch die Galerie!

Fotos: Hamburg Pride e. V.

Die Möve von HAMBURG PRIDE kreist über dem Rathaus der Hansestadt.

Internet: WWW.HAMBURG-PRIDE.DE

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