BÜRGERSCHAFTSWAHL HAMBURG • Interview: WIE WAR ES?

© FOTOS: JULIAN JENKEL

Man sollte bei der Wahlentscheidung durchaus auch auf Erreichtes zurückblicken, als denn zu viele Hoffnungen in wage Zukunftsvisionen zu legen. Deswegen hier eine Bestandsaufnahme mit Justizsenatorin Jana Schiedek und dem Fachsprecher für Lesben und Schwule, Philipp-Sebastian Kühn.

PHILIPP-SEBASTIAN KÜHN, PLATZ 59 LANDESLISTE SPD, 37 JAHRE, WWW.KUEHN-SPD.DE

WIE WÜRDET IHR DIE ZU ENDE GEHENDE LEGISLATUR AUS QUEERPOLITISCHER SICHT WERTEN?

Schiedek: Wir haben die Gleichstellung von Lesben und Schwulen insgesamt wieder zu einem Thema gemacht: Öffnung der Ehe, die Aufarbeitung der § 175-Verurteilungen oder die Aufnahme der sexuellen Identität ins Grundgesetz – das haben wir im Bund auf die Agenda gesetzt. Bei Einkommensteuer oder Sukzessivadoption haben wir inzwischen eine Gleichstellung erreicht. Bei anderen Themen sperrt sich die Union leider noch.

Kühn: Auch bei der alltäglichen Gleichstellung sind wir aktiv gewesen. Zum Beispiel erhält das Schulaufklärungsprojekt „soorum“ endlich eine solide Finanzierung. Hamburg hat als erstes Bundesland eine Ausstellung gezeigt, die die Homosexuellenverfolgung durch Polizei und Justiz nach 1945 aufgearbeitet hat. Mir liegt sehr am Herzen, dass wir Anerkennung in allen Bereichen wie zum Beispiel in der Schule, am Arbeitsplatz, im Sport stärken.

DIE FRAKTION DER GRÜNEN HAT EINEN ANTRAG FÜR EINEN AKTIONSPLAN GEGEN HOMOPHOBIE VORGELEGT. WIE REAGIERT DER SENAT DARAUF? GIBT ES EIGENE, ÄHNLICHE PLÄNE?

Schiedek: Wir gehen konsequent gegen homophobe Gewalt vor. Hasskriminalität muss künftig härter bestraft werden. Ein entsprechender Gesetzentwurf aus Hamburg steht vor der Beschlussfassung im Bundestag. Wir wollen aber auch erreichen, dass Betroffene keine Hemmungen haben, homophobe Straftaten anzuzeigen. Die Übergriffe rund um die CSDs und der Steinwurf auf das mhc haben uns bewegt, und deswegen hat die Polizei ein neues Konzept mit vier polizeilichen Ansprechpartnern entwickelt. Auch bei der Staatsanwaltschaft gibt es dafür einen eigenen Ansprechpartner. Allein gegen Gewalt vorzugehen genügt jedoch nicht. Wir brauchen einen gesellschaftlichen Wandel. Deswegen arbeiten wir zusammen mit den Fachbehörden und den LSBTI*-Verbänden an einem Richtungspapier. Es wird über fünfzig Maßnahmen enthalten, was wir in den einzelnen Bereichen angehen.

WELCHE SCHWERPUNKTE SETZT SICH DIE SPD FÜR DIE NÄCHSTE LEGISLATUR NACH EINER WIEDERWAHL?

Kühn: Natürlich werden wir die Maßnahmen des Richtungspapiers umsetzen. Zudem fordern wir weiterhin die Öffnung der Ehe, womit viele rechtliche Diskriminierungen auf einen Schlag beseitigt wären. Wir werden einen runden Tisch für einen regelmäßigen Austausch von Stadt und Interessenvertretungen einrichten. Worauf ich mich sehr freue, ist die schwul-lesbische Fußball-EM in Hamburg. Neben der Arbeit an den Schulen bleibt das Thema Vielfalt im Alter sehr wichtig – wir wollen, dass Lesben und Schwule im Alter Pflegeangebote finden, in denen sie offen mit ihrer sexuellen Identität leben können. Klar ist aber auch, dass ein gesellschaftlicher Wandel nicht allein vom Staat ausgehen kann. Gerade die Träger und Vereine der Community leisten wesentliche Beiträge. Das kann gar nicht genug wertgeschätzt werden, und deswegen werden wir sie weiter fördern.

•Christian Knuth

Internet: WWW.KUEHN-SPD.DE

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