„Überhandnehmen von Themen wie Schwulenrechten“: Gabriel kritisiert SPD

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Sigmar Gabriel geht mit seiner Partei, der SPD, hart ins Gericht. Bei einer Rede in der Freien Akademie der Künste in Hamburg kritisierte er erneut die „Politik für Minderheiten“ und das fehlende soziale Profil seiner Partei - und erklärte, die derzeitige Arbeiterpartei Deutschlands sei die AfD.

Er ist ein politisches Urgestein: Sigmar Gabriel war Vorsitzender der SPD, Ministerpräsident von Niedersachsen, Bundesminister, Vize-Kanzler. Seit Anfang November sitzt er nicht mehr im Bundestag. Vor 200 geladenen Gästen aus Politik und Wirtschaft hielt er nun in Hamburg eine Rede zum Thema „Wie halten wir Europa zusammen?“.

Foto: Susie Knoll

Gabriel war immer ein Freund klarer Worte. So warnte er auch in seiner Rede vor der WWW-Stiftung in Hamburg vor Trägheit und moralischer Selbstgefälligkeit in der deutschen Politik – die man angesichts der Machtverschiebung zwischen Russland, USA und China dringend ablegen müsse.

Auch mit seiner eigenen Partei ging Gabriel hart ins Gericht. Die Arbeiterpartei Deutschlands sei derzeit die AfD, die SPD habe ihr Profil verloren. Ökonomische Fragen und soziale Gerechtigkeit würden eine untergeordnete Rolle spielen, die klassische Bindewirkung der Sozialdemokratie sei an Minderheiten verlorengegangen - „durch das Überhandnehmen von Themen wie Schwulenrechte, Gleichstellungsrechte, Migration“, so Gabriel.

Andere politische Schwerpunkte 

Queere Themen waren in seiner Zeit als aktiver Politiker nie Gabriels Hauptaugenmerk. Dass er für die seit Jahren ins Bodenlose fallenden Umfragewerte der Partei auch die Politik für Minderheiten verantwortlich macht, wurde bereits früher deutlich. So erklärte Gabriel 2017 im Magazin Spiegel:

Auch wir haben uns kulturell als Sozialdemokraten und Progressive oft wohlgefühlt in postmodernen liberalen Debatten. Umwelt- und Klimaschutz waren uns manchmal wichtiger als der Erhalt unserer Industriearbeitsplätze, Datenschutz war wichtiger als innere Sicherheit, und die Ehe für alle haben wir in Deutschland fast zum größten sozialdemokratischen Erfolg der letzten Legislaturperiode gemacht und nicht genauso emphatisch die auch von uns durchgesetzten Mindestlöhne, Rentenerhöhungen oder die Sicherung Tausender fair bezahlter Arbeitsplätze bei einer der großen Einzelhandelsketten.“

Doch auch zu Themen wie Migration und Klimakrise vertritt Gabriel Meinungen, die der derzeitigen politischen Linie der SPD widersprechen. Im August trat er der Gruppe SPDpur bei, die eine Art konservativen SPD-Flügel darstellt. Das Ziel: einen Linksruck der Partei verhindern. Gabriels Erklärung damals:

„Ich unterstütze den Kurs von ‚SPDpur‘, weil sich hier Menschen zusammenfinden, die wieder Klarheit über das schaffen wollen, was Sozialdemokratie eigentlich heißt“.

Gestern stimmten die Mitglieder der SPD für einen neuen Parteivorsitz. Die Wahl fiel auf Saskia Esken und Norbert Walter-Borjans als Doppelspitze. Die beiden Politiker gelten als Kritiker der GroKo, werden durch den linken Parteiflügel der SPD gestützt. In der Folge dürfte die GroKo schwierigen Zeiten gegenüberstehen. Diverse CDU-Politiker beeilten sich nach der Wahl der SPD-Parteispitze die Möglichkeit zu Nachverhandlungen zum Koalitionsvertrag auszuschließen. Vielleicht wäre es für die neue Parteiführung der SPD an der Zeit, ihren ehemaligen Vorsitzenden ob der nachhaltigen Beschädigung des S im Parteinamen auszuschließen. 

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