Heute vor 25 Jahren: Bundestag erklärt Homosexualität straffrei

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Foto: Nika Kramer/URBAN NATION

Bis 1994 gab es in Deutschland mit dem Paragraphen 175 des Strafgesetzbuches eine staatliche, strafbewehrte Verfolgung Homosexueller. Am 10. März 1994 wurde das Ende dieser menschenrechtswidrigen Praxis beschlossen. Am 11. Juni 1994 trat die Reform in Kraft. Erst 2017 werden die nach § 175 StGB verurteilten Männer rehabilitiert.

Foto: LSVD

Wir dokumentieren die die diesbezügliche Erklärung von Axel Hochrein, Mitglied im Vorstand des Lesben- und Schwulenverbandes (LSVD):

 „Die Geschichte der Unterdrückung und Verfolgung in der Bundesrepublik und der DDR muss stärker in das öffentliche Bewusstsein gerückt werden. Lesben, Schwule und Bisexuelle blieben auch nach 1945 gesellschaftlich geächtet. Auch nach Ende des Nationalsozialismus hat staatliche Unterdrückungspolitik Generationen um ihr Lebensglück betrogen. So blieb in der Bundesrepublik § 175 StGB in der nationalsozialistischen Fassung bis 1969 unverändert geltendes Recht und führte zur Verurteilung von 70.000 Männern. 45 Jahre Kampf waren notwendig, bis dieses antihomosexuelle Sondergesetz endlich abgeschafft werden konnte.

Erst 2017 konnte die Aufhebung der meisten nach 1945 erfolgten Verurteilungen wegen einvernehmlicher homosexueller Handlungen erkämpft werden.

Der LSVD fordert dazu auf, weiteres Unrecht aufzuarbeiten. Dazu gehört ein angemessenes Gedenken an die im Nationalsozialismus inhaftierten, gefolterten und ermordeten Lesben. Auch in der Bundesrepublik und der DDR war selbstbestimmtes lesbisches Leben jahrzehntelang unmöglich. Für Frauen war ein selbstständiges Leben ohne Ehemann nicht vorgesehen. Zudem weisen neue Forschungsergebnisse auf Fälle hin, bei denen lesbischen Müttern wegen ihrer Homosexualität das Sorgerecht für ihre Kinder entzogen wurde. Die drohende Kindeswegnahme hinderte viele Frauen daran, ihren Wunsch nach einem lesbischen Leben zu verwirklichen. 

Zur Geschichte der Unterdrückung gehören auch die Eingriffe an intergeschlechtlichen Menschen. Sie werden bis heute im Säuglings-, Kindes- oder Jugendalter ohne die vorherige, freie und vollständig informierte Einwilligung medizinischen Zwangsbehandlungen unterzogen. Das von der Bundesregierung versprochene Verbot muss endlich kommen. Der LSVD fordert für die Betroffenen zudem Entschädigung und angemessene gesundheitliche Versorgung. Bis das Bundesverfassungsgericht die entsprechende Bestimmung des Transsexuellengesetzes für verfassungswidrig erklärte, mussten sich transgeschlechtliche Menschen operativen Eingriffen unterziehen und sich sterilisieren lassen, um personenstandsrechtlich im empfundenen und gelebten Geschlecht Anerkennung zu finden. Auch diese vom Gesetz erzwungenen Menschenrechtsverletzungen müssen anerkannt und die Opfer entschädigt werden.“

Weitere Informationen 

§ 175 StGB: „weggefallen“– nach 123 Jahren


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Der Lesben- und Schwulenverband (LSVD) ist ein Bürgerrechtsverband und vertritt Interessen und Belange von Lesben, Schwulen, Bisexuellen, trans- und intergeschlechtlichen Menschen (LSBTI). Menscherechte, Vielfalt und Respekt – wir wollen, dass LSBTI als selbstverständlicher Teil gesellschaftlicher Normalität akzeptiert und anerkannt werden.

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