Queere Christen entsetzt: „Vatikan ruft zu Menschenrechtsverletzungen auf“

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Die „Ökumenische Arbeitsgruppe Homosexuelle und Kirche“ (HuK) reagiert in einer Stellungnahme ungewohnt scharf auf das vom Vatikan veröffentlichte Dokument „Männlich und weiblich schuf er sie“ (blu berichtete). Sie wirft Ideologie vor und fordert Rücktritte.

Foto: gemeinfei

Die Vielfalt der Schöpfung Gottes will die Bildungskongregation laut HuK zu einer Zwangsordnung der Zweigeschlechtlichkeit umgestalten − nach ihrem eigenen Bilde. Damit stelle sie Gott ins Abseits und beschädige die Autorität des katholischen Lehramts.

„Obwohl es intergeschlechtliche Menschen von Natur aus gibt und Wissenschaftler_innen dies feststellen, verlangt die Kirche bei ihnen, dass sie auf Gedeih und Verderb in die Schubladen der zwei Geschlechter gepresst werden. Was ist das für eine Schöpfungstheologie, wo doch schon Jesus wusste, dass es 'Eunuchen vom Mutterleib an' gab (Matthäus 19,12) und somit mehr als bloß männlich und weiblich?“

Thomas Pöschl, Sprecher der HuK

Nach Papst Franziskus sei es ein Merkmal von „Genderideologien“, dass sie „sich selbst als absolut und unhinterfragbar behaupten und dadurch Dialog ausschließen.“ Wende man dieses Kriterium an, handele es sich bei dem vorgelegten Dokument selbst um einen lupenreinen Fall einer solchen Ideologie, so die HuK weiter.

Foto: A. Waswani / CC0

Menschenrechtswidrig und schismatisch

Entbrannt ist die lesbare Wut der HuK besonders beim im Papier vorgeschlagenen Weg zum Umgang mit von der Mann-Frau-Doktrin abweichenenden Personen.

„Bei Fällen, in denen das körperliche Geschlecht einer Person nicht klar bestimmt ist, sind es professionelle Mediziner, die einen therapeutischen Eingriff vornehmen können. In solchen Situationen können Eltern keine zufällige Wahl in der Sache treffen, geschweige denn die Gesellschaft. Stattdessen sollte die medizinische Wissenschaft mit rein therapeutischen Zielen handeln und auf die am wenigsten invasive Weise, auf der Basis von objektiven Parametern und mit dem Blick darauf, die konstitutive Identität der Person herzustellen.“ „Männlich und weiblich schuf er sie“, Abschnitt „Rationale Argumente“

Der katholische Theologe Dr. Michael Brinkschröder erklärt:

„Intersexuelle Menschen kämpfen weltweit gegen die Zuweisung eines körperlichen Geschlechts durch Ärzte und brandmarken sie als Körperverletzung und Genitalverstümmelung; Menschenrechtsorganisationen kritisieren solche medizinisch überflüssigen Genitaloperationen als Verstoß gegen das Recht auf körperliche Unversehrtheit − der Vatikan dagegen zieht das Selbstbestimmungsrecht von intersexuellen Menschen noch nicht einmal in Betracht und fordert unmissverständlich zu diesen Menschenrechtsverletzungen auf. Diese Ignoranz ist eine Schande für die ganze katholische Kirche. Der Präfekt der Bildungskongregation muss zurücktreten!“

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