Interview: Kommunalpolitiker Simon Blümcke

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Foto: www.simon-bluemcke.de

Die Erfolgsgeschichte des Kommunalpolitikers Simon Blümcke ist außergewöhnlich: Seit 2003 ist er Bürgermeister der kleinen Gemeinde Hagnau am Bodensee, 2011 wurde er mit knapp 96 Prozent der Stimmen in seinem Amt bestätigt – bei gut 50 Prozent Wahlbeteiligung. Im Juli 2015 hat er sich für das Amt des ersten Bürgermeisters der Kreisstadt Ravensburg beworben und konnte auch hier überzeugen.  

Herr Blümcke, Sie sind seit 2003 erfolgreicher Politiker in Hagnau am Bodensee und gelten dort als „Bürgermeister der Herzen“; wie kam es da zur Entscheidung, sich für das Amt des ersten Bürgermeisters in Ravensburg zu bewerben?

Hagnau ist ein wunderschönes touristisches Dorf direkt am Bodensee. In den letzten Jahren konnten wir als Gemeinde wachsen und uns gleichzeitig einen Namen in Sachen Kultur machen. Kuratierte Ausstellungen zeitgenössischer Künstler, Kammermusikreihen mit jungen Solisten sind aus dem Weinort Hagnau nicht mehr weg zu denken. Nach zwölf Jahren möchte ich nun vom perfekten Dorf in die perfekte Stadt, nach Ravensburg. Dort gibt es ein herausragendes Kunstmuseum, führende Hochschulen und ein pulsierendes Leben. Kurzum: neue und sicher auch größere Aufgaben warten auf mich.

Foto: M. Rädel

Haben Sie in Ihrer Karrierelaufbahn jemals gezögert, offen mit ihrer Homosexualität umzugehen? Immerhin leben und arbeiten Sie ja in einem eher konservativen Umfeld …

Der ländliche Raum ist in Sachen Toleranz oft viel weiter als man sich in Städten und mancher Volkspartei vorstellen kann oder wahrhaben will. Man kennt sich im Dorf und begegnet sich hier dauernd – da braucht es Solidarität, und die fördert Toleranz. Mir war es immer wichtig, einfach so zu leben wie ich bin – mit meinem Freund an der Seite bei offiziellen und privaten Veranstaltungen. Viele schwule Freunde von mir aus Stuttgart, Brüssel oder Berlin kommen gerne nach Hagnau und feiern Weinfeste mit. Einfach so zu leben, wie man ist, war mir immer wichtiger als eine Orientierung permanent zu betonen. Ich glaube „schwul“ oder nicht ist in Hagnau kein Thema mehr. Ein Bürgermeister sollte nur an seiner Leistung gemessen werden.

In Baden-Württemberg gab und gibt es große Vorbehalte in der Bevölkerung gegenüber der geplanten Bildungsplanreform und dem landesweiten Aktionsplan für Akzeptanz und gleiche Rechte. Wie sollte man ihrer Meinung nach mit Homogegnern umgehen?

In Baden-Württemberg stehen wir kurz vor einer Landtagswahl. In diesen Zeiten wird stärker auf den Putz gehauen als sonst. Was mich traurig macht, ist die Vehemenz, die mitunter offen homophob zu Tage tritt. Es muss heute klar sein, dass auch in der Schule vermittelt wird, dass es nicht nur Liebe zwischen Mann und Frau gibt, sondern dass erwachsene Menschen – aus welchen Gründen auch immer – anders lieben. Und: All diese Lebens- und Liebesformen sind gleichwertig. Ob jedoch schon Fünftklässler sämtliche, teils widersprüchlichen Verästelungen der Gender- und Queer-Therory verstehen können und sollen, bezweifle ich jedoch stark. Warum kann man nicht einfach vermitteln: Wertet nicht, wenn Menschen sich lieben und leben?

Sie gehören der parteilosen Fraktion der „Freien Wähler“ an – wie kam es zur Entscheidung, kein Mitglied einer der herkömmlichen Parteien zu werden?

Die Freien Wähler sind in Baden-Württemberg eine rein kommunale Plattform. So wie die Städte und Regionen unterschiedlich sind, sind auch die Freien vor Ort verschieden. Gute Kommunalpolitik braucht ein gutes Gespür für den Menschen und für die konkreten Bedürfnisse vor Ort. Parteipolitik hingegen muss immer auch Standpunkte zwischen Flensburg und Garmisch einheitlich sehen. Das ist im Land- oder Bundestag vielleicht sinnvoll, in Kommunen aber nicht. Daher meine Entscheidung parteilos zu bleiben und dennoch Mehrheiten für gute Ideen vor Ort zu finden.

*Interview: Björn Berndt

www.simon-bluemcke.de

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