Koalitionsvertrag in Berlin: Schwarz ist das neue Bunt?

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CDU und SPD wollen die nächste Berliner Landesregierung bilden. Den Koalitionsvertrag dafür stellten Vertreterinnen und Vertreter der beiden Parteien am Montag in der Hauptstadt vor. Ein Mitgliederentscheid bei den Sozialdemokraten und ein Parteitag bei der CDU sollen nun bis Ende April das 136-seitige Dokument mit dem Titel „Das Beste für Berlin“ absegnen.

Foto: Inga Anger / Flickr / CC BY-NC-ND 2.0

Die Regenbogenhauptstadt 

Von einen Hirschfeld-Gedenktag über ein Regenbogenhaus bis hin zu Queerbeauftragten auf Senats-  und Bezirksebene reichen die Pläne der neuen Berliner Regierung in Spe. 

Ein ganzes Maßnahmenbündel soll queerfeindliche Hasskriminalität bekämpfen: Dazu gehören der Ausbau von Präventions-, Beratungs- und Schutzangeboten, die Sensibilisierung von Polizei und Justiz, die Umsetzung von Handlungsempfehlungen des Bundes, die Entwicklung einer Landesstrategie für queere Sicherheit und die Einberufung eines Runden Tisches mit zivilgesellschaftlichen und staatlichen Akteuren. Außerdem wird eine Studie zu Trans*feindlichkeit in Auftrag gegeben und die Übermittlung von Hassstraftaten an Fachprojekte ermöglicht. Erfolgreiche Projekt der Vorgänger-Koalition aus SPD, Grünen und Linke, wie das zur Stärkung lesbischer Sichtbarkeit oder die Beendigung von Aids bis 2030 (Fast Track Cities) werden fortgeführt.

Insgesamt zweinhalb Seiten Queerpolitik lassen zunächst kaum Themen und Wünsche der LGBTIQ*-Community offen. Die nun bald Ex-Koalitionspartner*innen im Senat gratulieren verhalten. Magda Albrecht, Landessprecherin von DIE LINKE.queer Berlin-Brandenburg und Daniel Bache, Bundessprecher von DIE LINKE.queer schreiben in einer Pressemitteilung:

 „Der schwarz-rote Koalitionsvertrag trägt im Bereich Queer-Politik erkennbar die Handschrift der rot-rot-grünen Vorgänger-Koalitionen. Es ist ein Erfolg einer starken Stadtgesellschaft sowie von Rot-Rot-Grün, dass selbst die CDU sich nicht traut, rhetorisch hinter die Errungenschaften der letzten Jahre zurückzufallen. Es deutet aber gleichzeitig an, dass von dieser Koalition keine eigenen Impulse zu erwarten sind.”

Neben der Queerpolitik spielen selbstverständlich auch für LGBTIQ* andere Politikfelder eine lebensbeeinflussende Rolle. Ein Überblick über andere zentrale Punkte des Koalitionsvertrags:

Wohnen 

„Bezahlbares Wohnen ist die große soziale Herausforderung für unsere Stadt“, heißt es gleich zu Beginn des Kapitels zur Stadtentwicklung. Die Koalitionäre wollen deshalb den Neubau beschleunigen und dazu – wie CDU-Spitzenkandidat Kai Wegner am Montag sagte – das Genehmigungsverfahren „entschlacken“. Pro Jahr sollen so bis zu 20.000 neue Wohnungen entstehen, davon 5000 Sozialwohnungen. Die landeseigenen Wohnungsgesellschaften sollen zudem Wohnungen ankaufen und dadurch ihren Bestand von etwas mehr als 350.000 auf eine halbe Million Wohnungen erhöhen. Mit einem „internationalen städtebaulichen Wettbewerb“ will die Koalition darüber hinaus eine Randbebauung des ehemaligen Flughafengeländes Tempelhofer Feld ausloten. Final sei aber dann „die Neubewertung durch die Berlinerinnen und Berliner maßgeblich“ – 2014 hatten diese gegen eine Bebauung gestimmt. 

Verkehr

„Wir setzen auf eine Mobilitätswende – nicht mit Verboten, sondern Angeboten“, sagte Wegner bei der Vorstellung des Vertrags. Konkret heißt das: Ausbau des ÖPNV mit einem erhöhten Takt von Bussen und Bahnen, ein unbefristetes 29-Euro-Ticket und ein Sozialticket für neun Euro. Die Koalitionäre wollen zudem bestehende Radwege sanieren und sichere Radspuren einrichten. Allerdings könnten diese in Zukunft schmäler werden – die beiden Parteien planen laut Vertrag „die Überprüfung von Mindestbreiten, beispielsweise im Radverkehrsplan“. 

Klimaschutz

Der Klimaschutz soll als Staatsziel in der Berliner Verfassung verankern werden, die Hauptstadt dadurch „deutlich vor dem Jahr 2045“ klimaneutral werden. Die Koalition will mehr Flächen für Windräder ausweisen, öffentliche Gebäude „möglichst energie- und klimaschonend“ bauen und 10.000 „klimaresiliente Stadt- und Straßenbäume“ pflanzen. Außerdem soll ein Sondervermögen von fünf Milliarden Euro für den Klimaschutz geschaffen werden, weitere fünf Milliarden Euro könnten Ende 2024 folgen. 

Verwaltungsreform

Gleich das erste Kapitel des Vertrags ist der Verwaltung der Stadt gewidmet. Die Koalitionsparteien wollen die Verwaltung zügig reformieren – „für eine auf allen Ebenen funktionierende, zukunfts- und handlungsfähige Stadt“. Als Basis dafür sollen die Zuständigkeiten und Aufgaben zwischen dem Land Berlin und den Bezirken klar geregelt werden. Denn „Verwaltung kann nur bei klaren Zuständigkeiten funktionieren“, wie Wegner am Montag sagte. Außerdem sollen die Berlinerinnen und Berliner mehr digitale Bürgerdienstleistungen und Online-Anträgen nutzen können, ein „digitales Bürgeramt der Zukunft“ soll erprobt werden. 

*ck/AFP/Alexander Wenzel/ul

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