Erik Tenberken: Der 50EuroPrEP-Erfinder im Interview

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Seit Mitte 2016 ist in Deutschland das Mittel Truvada zum Schutz vor HIV-Infektionen als Präexpositionsprophylaxe, kurz PrEP, zugelassen (blu berichtete). Mit monatlichen Kosten von rund 800,- Euro richtet sich diese Art der Vorbeugung nur an einen sehr kleinen Kreis. Zwar wurde im Juli 2017 ein Generikum zugelassen, aber auch das schlägt mit rund 600 Euro für einen Monat zu buche. Abhilfe schafft der Kölner Apotheker Erik Tenberken. Im Rahmen eines Pilotprojekts, an dem er seit anderthalb Jahren arbeitet, gibt es seit Oktober dieses Jahres die Möglichkeit, sich für 50 Euro im Monat vor einer HIV-Infektion zu schützen.

Foto: Sebastian Ahlefeld / 6.10.2017

Tenberken konnte den Generika-Hersteller Hexal gewinnen, um das Generikum in sieben deutschen Städten in HIV-kompetenten Apotheken zu vertreiben.

„Wir versuchen möglichst viele Apotheken da reinzukriegen, haben aber von Hexal die Auflage, dass es nur an HIV-kompetente Apotheken geht. Diese Kompetenz kann letztendlich jede Apotheke erreichen, so dass auch jeder Apotheke der Weg offen steht.“

Wichtig war, bei diesem Projekt, dass es legal und bezahlbar ist, denn viele haben sich das Mittel im Internet aus zwielichtigen Quellen besorgt und sich somit jeglicher ärztlicher Kontrolle entzogen. Hinzu kommt hierbei die ungeprüfte Sicherheit des Produkts, da in solchen Fällen nicht klar ist, ob es sich um ein Generikum oder eine Fälschung handelt.

Hinsichtlich der Dauer des Projektes hofft Tenberken „dass wir es schaffen, es dauerhaft hinzubekommen. Letztendlich können wir davon ausgehen, dass das, was wir machen, eventuell von anderen aufgenommen und somit aus dem Projekt eine dauerhafte Lösung wird, was ich sehr begrüßen würde.“

Das Projekt gewährleistet von Anfang an eine hohe Qualität und lückenlose Überwachung des Patienten. Besonders fatal wäre es nämlich, wenn ein Patient mit einer unentdeckten HIV-Infektion eine PrEP begänne: Dies wäre eine unvollständige Therapie und würde unweigerlich zu Resistenzen führen. Ganz abgesehen von STI (Sexuell übertragbare Krankheiten), die ebenfalls unentdeckt blieben und so weiter verbreitet würden. „Es dürfen nur Ärzte verschreiben, die entsprechendes Schulungsmaterial haben, das war schon beim Originalanbieter so. Es wird ein HIV-Test gemacht, es wird auf STDs geprüft und dann entscheidet der Arzt, ob eine PrEP möglich ist und stellt dann ein Rezept aus“, was die Anforderungen der Zulassungsbehörden und des Herstellers erfüllt.

Unklarheit herrscht hingegen bei der Kostenübernahme für die erforderlichen ärztlichen Untersuchungen, zumal die PrEP als Privatrezept verschrieben wird. Hier fordert die Deutsche AIDS-Hilfe eine komplette Kostenübernahme seitens der Krankenkassen, auch für die PrEP. Dazu Tenberken: „Das ist nicht unsere Baustelle, ich weiß aber, dass das ein wichtiges Thema ist. Deswegen haben wir unter anderem die PRIDE-Studie bei Professor Hendrik Streeck an der Uni Duisburg-Essen eingeleitet, weil wir hoffen, dass wir mit diesen Daten denjenigen, die das aushandeln, helfen können, das Ziel zu erreichen.“

Grafik: 56 Dean Street - HIV-Schwerpunktklinik Lonodn

Es wird geschätzt, dass allein in Deutschland bis zum Jahre 2030 die PrEP 9.000 HIV-Infektionen verhindern könnte. „Die PrEP ist eine Möglichkeit für jeden, der sich vor HIV schützen will. Ein Schutz, den man zu den Kondomen hinzunehmen kann. Wir werden uns weiterhin dafür einsetzen, Menschen mit HIV und AIDS gut zu unterstützen.“ Das Projekt soll zur Nachahmung animieren, also dazu „dass der Weg, den wir aufgezeigt haben, auch von anderen gegangen wird.“ Tenberken weiter:

„Wir wollen letztlich, dass wir von einem singulären Projekt zu einer breiten Dauerlösung kommen, auf Dauer mit einer qualitätsgesicherten PrEP HIV-Infektionen verhindern und somit irgendwann das Ziel erreichen, die Infektionskette zu durchbrechen.“

Weitere Infos und teilnehmende Apotheken unter https://dahka.de/index.php/aktuelles

*Sina Demir

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