Aus aktuellem Anlass: Wie reagieren, wenn du fälschlich geoutet wirst?

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Ein Tagesschau-Sprecher verklagt Medien – ein Teenie-Star sagt, es sei doch egal. 5 großartige Wege mit einer unpassenden Annahme zu deiner sexuellen Orientierung umzugehen. Aufgezeigt vom unserem psychologischen Sexologen Dr. Stefan Hölscher.

Foto: instagram.com/shawnmendes

Immer mal wieder kann es vorkommen, dass andere Leute eine für dich unpassende Annahme zu deiner sexuellen Orientierung machen. Meistens geschieht dies nicht mutwillig oder gar in böser Absicht, sondern aus irgendwelchen dummen und unbemerkten Gewohnheiten heraus. Trotzdem kann es natürlich sein, dass es dich stört. Wie nun damit aber umgehen, das ist die spannende Frage. Hier sind 5 großartige Möglichkeiten, wie du eine solche Situation erfolgreich meistern kannst:

1. Der schweigende Weise:

Du hörst die falsche Annahme, sagst aber nichts dazu, da du selbst ja genau weißt, was du magst und willst und sich in deinem Leben nichts ändert, nur weil andere sich falsche Vorstellungen über deine sexuelle Orientierung machen. Außerdem ist dir klar, dass es so viele größere und kleinere Irrtümer gibt auf der Welt, die du nicht alle korrigieren kannst, sogar wenn manche davon deine Person betreffen. Du sprichst daher einfach ganz freundlich über die Themen weiter, um die es eigentlich geht. Das ist großartig, weil du so souverän und gelassen bleibst. Vorbildlich!

2. Der nüchtern Differenzierende:

Angenommen zu dir als männlichem Wesen sagt ein Berufskollege, mit dem du nur sehr wenig zu tun hast und der auch nur sehr wenig über dich weiß, in freundlichem Ton: „Schönen Urlaub, Ihnen und Ihrer Frau.“ Du hast aber einen Mann zu Hause; dann könntest du sagen: „Vielen Dank, ja mein Mann und ich freuen sich schon sehr darauf“. Geht natürlich auch umgekehrt, falls jemand dir als männlichem Wesen irrigerweise einen Mann als Partner angedichtet hat: „Ja meine Frau und ich fahren so gerne wieder nach Mallorca.“ Du stellst also so ganz nebenbei mal den kleinen Unterschied dar. Das ist großartig und sehr elegant, weil es so selbstverständlich, so klar und so konkret daher kommt. Toll gemacht!

3. Der grundsätzliche Klarsteller:

Natürlich könntest du in einer Situation wie der eben genannten auch grundsätzlicher werden, indem du explizierst: „Ich bin übrigens schwul / gay / homosexuell“ oder im umgekehrten Fall „ich bin übrigens hetero / straight / sexuell klassisch orientiert“ oder wie immer du das sagen magst. Auch das ist großartig. Du hast jetzt mal ganz grundsätzlich klar gemacht, an welchem Ufer du wandelst, vielleicht sogar an beiden und dich damit, was deine sexuelle Orientierung angeht, deutlich positioniert. Klasse!

4. Der witzige Provokateur:

Wenn du über eine für dich unpassende Annahme zu deiner sexuellen Orientierung stolperst, kannst du natürlich auch den Spieß mal umdrehen und zu dem Kollegen sagen: „Danke wir freuen uns schon sehr. Wann geht’s denn bei Ihnen und Ihrem Mann in den Urlaub?“ Das vermutlich irritierte Gesicht deines Gesprächspartners kannst du dann nutzen, um entweder weitere witzige Stiche aus der gleichen Richtung zu setzen. Du kannst aber auch nach einer kurzen erläuternden Überleitung zu Strategie 2. oder 3. übergehen. Auch dieser Weg ist großartig, denn du zeigst Witz und machst deinen Gesprächspartner mit spielerischer Kreativität und Leichtigkeit auf Verirrungen in seinem Weltbild aufmerksam. Phantastisch!

Natürlich kannst du die beschriebenen Wege auch wiederholt, im Wechsel miteinander sowie mündlich und schriftlich einschlagen. Je mehr du je nach Situation flexibel variieren kannst, umso besser. Du bist ein Könner. Großartig! Du kannst aber auch noch einen ganz anderen Weg einschlagen:

Foto: © Raimond Spekking / CC BY-SA 4.0 (via Wikimedia Commons)

5. Der JR Imitator (benannt vermutlich nach dem etwas rauhbeinigen Typen aus „Dallas“, der wunderbaren US Serie aus dem späten Steinzeitalter oder irgendeinem anderen wildgewordenen Hengst):

Nachdem der Kollege deine Frau oder deinen Mann freundlich grüßend erwähnt hat, verbittest du dir sogleich die dreiste Unterstellung. Du machst deutlich, dass du dich in dieser Weise nicht als hetero, schwul oder bi stigmatisieren und beleidigen lassen willst. Dies machst du am besten gleich schriftlich und weist in dem Zusammenhang schon mal auf deinen Anwalt hin. Noch besser: Du lässt das Schreiben gleich von deinem Anwalt verfassen, der dem Kollegen auch direkt empfindliche Geldstrafen im Wiederholungsfall androhen kann. Falls der Kollege dann fälschlicherweise immer noch darauf beharrt, deine Frau bzw. deinen Mann grüßen zu wollen, bringst du die ganze Angelegenheit sofort vor Gericht. Auch das ist großartig, denn du zeigst, dass du mit dir nicht alles machen lässt und dass deine Privatsphäre auch von deinen Kollegen zu respektieren ist. Großartig ist diese Strategie natürlich auch für die Richter und Anwälte, denen du auf diese Weise Arbeit und Brot gibst. Und vielleicht springt sogar noch etwas Geld für dich dabei heraus. Absolut wunderbar!

Du siehst also: egal, welchen der 5 Wege du im Umgang mit für dich unpassenden Unterstellungen deiner sexuellen Orientierung einschlägst: Du handelst immer goldrichtig und großartig – sei es für dich, sei es für dein Gegenüber, sei es für euch beide oder für die armen Richter und Anwälte. Jede falsche Unterstellung bringt wieder eine neue Chance dafür…     

Stefan Hölscher (Dr. phil., Dipl. Psych., M.A.), arbeitet als Managementberater, Trainer, Coach und Autor. Als Autor schreibt er Bücher und Beiträge zu Psychologie, Management, Lyrik, Aphorismen und queeren Themen. 

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