Interview • Meningitis: Lasst euch impfen!

by

Zuerst: Wer am 29. September auf der (heterosexuellen) Fetischparty CarneBallbizarre im Berliner KitKatClub war, wird dringend aufgefordert, sich in ärztliche Obhut zu begeben. Es kann dort zu einer Übertragung mit Meningokokken gekommen sein. Zweitens: Bist du geimpft?

Foto: sergej

Der aktuelle Fall

Das Gesundheitsamt von Berlin hat aufgrund der Erkrankung eines Mannes an einer Meningokokkeninfektion Menschen, die am 29. September den weltberühmten KitKatClub in Berlin besucht haben aufgefordert, einen Arzt aufzusuchen. Dies ist eine Vorsichtsmaßnahme – eine Meningitis ist lebensgefährlich. Bei dem Patienten ist der Gesundheitszustand so schlecht, dass er nicht zu möglichen Kontaktpersonen befragt werden kann, weshalb das Gesundheitsamt sich für die öffentliche Bekanntmachung entschieden hat.

Laut Angaben des Klubs sind alle Mitarbeiter bisher symptomfrei – außerdem werde eine vorsorgliche Antibiotika-Behandlung angeboten – eine Ansteckungsgefahr im Klub bestand also nach heutigem Kenntnisstand ausschließlich in der Nacht vom 29. auf den 30. September bei Kontakt mit dem Erkrankten.

Wie steckt man sich an?

Foto: Copacopac / CC BY-SA 3.0 / wikimedia.org

Die Bakterien können laut Gesundheitsamt zum Beispiel durch Husten, Niesen oder Küssen weitergegeben werden (Tröpfcheninfektion). Für die Übertragung ist ein enger Kontakt mit einem Keimträger oder Erkrankten erforderlich.

Woran merkt man eine Erkrankung?

Symptome sind Fieber, Kopfschmerzen, Schüttelfrost, Schwindel und schweres Krankheitsgefühl. Hinzu kommen Erbrechen, Nackensteifigkeit, Benommenheit, Bewusstseinstrübung, Krämpfe und Hautblutungen. Da es bei der Infektion extrem auf zeitnahe Behandlung ankommt, empfiehlt das Gesundheitsamt auch Menschen zum Arztbesuch und zur vorbeugenden Antibiotika-Behandlung, die KEINE Symptome haben, aber zum fraglichen Zeitraum Kontakt zum Erkrankten gehabt haben könnten. Auch können typische Alkohol- und/oder Drogennachwirkungen wie Kopfschmerzen oder Schwitzen die Symptomatik überlagern. Im Zweifel: Ab in die Notaufnahme! 

Keine Panik dank Impfung

Der aktuelle Fall ist prädestiniert dafür, öffentliches Bewusstsein für die bakterielle Hirnhautentzündung zu schaffen. Wie eben beschrieben, ist es mitnichten notwendig, sich auf einer freizügigen Party zu bewegen, um mit dem Erreger in Kontakt zu kommen. Auch öffentliche Verkehrsmittel, Fitnessstudios oder andere Orte, an denen die Möglichkeit besteht, Speichel oder Nasensekret auf die Schleimhäute zu bekommen, sind potentielle Übertragungsherde. Da aber das wilde Rumknutschen ein besonders hohes Risiko birgt, ist eine Impfung eigentlich selbstverständlich, oder? Dazu befragten wir Dr. Ingo Ochlast vom Praxisteam Friedrichshain.

Wer soll sich denn impfen lassen?

Vor sechs Jahren gab es das Thema schon mal hier in Berlin. Damals ist mein bester Freund beinahe an der Meningitis gestorben. Meine Antwort – auch unabhängig davon – jeder! Alle aus der LGBTIQ*-Community sind Zielgruppe.

Warum diese Gruppe?

Angeboten wird es schwulen Männern als Kassenleistung. Das hat der Berliner Senat im Zuge der letzten Vorfälle vor sechs Jahren entschieden.

Warum nur in Berlin?

Gesundheit ist Ländersache. Es gibt einerseits die Empfehlungen des Robert Koch-Institutes (RKI) und der Ständigen Impfkommission (STIKO)*, die Umsetzung liegt dann bei den einzelnen Bundesländern. Im Zweifel reicht ein kurzer Anruf oder ein Blick auf die Webseite deiner Krankenkasse, ob sie vielleicht soundso diese Impfung als „Reiseimpfung“ übernimmt. Auch der behandelnde Arzt sollte im jeweiligen Bundesland selbstverständlich bescheid wissen.

Wie verträglich ist die Impfung?

Sehr. Sie wird einmalig in den Oberarm injiziert und hat kaum Nebenwirkungen. Es gibt inzwischen mit Nimerix ein empfohlenes Präparat, das auch gleich die Genotypen A, C, D und Y abdeckt. Für den Subtyp B gibt es eine extra Impfung, die für immungeschwächte Patienten, wie zum Beispiel HIV-Positive empfohlen wird. Der hat noch einen positiven Nebeneffekt.

Welchen?

Der Impfstoff gegen Typ B bietet vermutlich auch einen gewissen Schutz vor Tripper.

Weil Gonokokken und Menigokokken sich ähneln?

Vermutlich. Also ich würde mich impfen lassen. (lacht)

*Die RKI-Empfehlungen zur Meningitis-Schutzimpfung

Back to topbutton