Rabih Alameddine: Der Engel der Geschichte

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Rabih Alameddine (*1959 in Jordanien) widmet sich in seinem neuesten Roman „Der Engel der Geschichte“ wieder der Erzählung eines ganzen Lebens. Protagonist Jacob wartet im Vorzimmer einer Nervenheilanstalt darauf, eingewiesen zu werden. Denn er hört Stimmen, hört wie die Erzrivalen Tod und Satan nur deshalb zusammenkommen, weil Jacob ihnen beiden soviel bedeutet, hört sie streiten, um seine Seele und um seine Gesundheit. Jacobs ständiger Begleiter Satan ist es, der ihn zwingen will, sich zu erinnern. Und Jacob erinnert sich, an alle Phasen seines Lebens, von seiner Kindheit im Bordell als Sohn einer Prostituierten, zum Leben mit Nonnen im katholischen Internat, bis hin zu seiner Zeit in San Francisco, in der er endlich akzeptiert wurde als der Mensch, der er wirklich war. Freunde und Liebhaber fand, eine Clique und eine Heimat. Und wieder verlor, weil sie alle starben, einer nach dem anderen. Es waren die 1980er, die Hoch-Zeit von AIDS. Von sieben Freunden sterben sechs, der siebte war Jacob. Er überlebte, aber er lebte nicht mehr, er zerbrach an den Verlusten und er zerbrach, weil Überleben verdammt einsam sein kann.

Der Roman schlägt Brücken zwischen Religion und Krieg, Amerika und dem Nahen Osten, Liebe und Sex, Leben und Tod. Erzählstränge überschneiden sich, springen von einem zum anderen, machen den Erzählfluss zu einem solchen: Zu einem Fluss, der den Leser mitreißt, ganz gleich ob er bereit dafür ist. Berührend und bewegend sind besonders die Rückblicke auf den Tod eines jeden seiner Freunde. Die Erinnerungen wirken atemlos erzählt, als wären mehr Worte dort als Zeit, als wolle Jacob so viel erzählen, weil der Tod ständig hinter der nächsten Ecke lauert, noch immer.

Es passiert, was bei jedem guten Buch passieren sollte: Nachdem man es zuschlägt, begleitet es einen, flüstert einem Dinge ins Ohr. Genau wie Satan es bei Jacob tat ...

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