Nour Sarah – Light of Sarah

Kurz vor dem Start der WM in Katar möchten wir auf eine Initiative zu Ehren von Sarah Hegazy aufmerksam machen. Die ägyptische LGBTIQ*-Aktivistin hisste 2017 bei einem Rockkonzert in Kairo eine Regenbogenfahne, wurde später verhaftet, eingesperrt und gefoltert. 2020 nahm sich Sarah Hegazy im Exil in Toronto das Leben.

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Quelle: https://noursarah.com/

NOUR SARA („Nour“ bedeutet Licht) wurde als gemeinsame Initiative von Spectrum (einer in Paris ansässigen queerfeministischen Non-Profit-Organisation) und LebMASH (Lebanese Medical Association for Sexual Health) ins Leben gerufen.

Die nach der ägyptischen LGBTIQ*-Aktivistin Sarah Hegazy (1989–2020) benannte Initiative zielt darauf ab, LGBTIQ*-Personen, die in Nordafrika und Westasien (NAWA-Region) leben oder von dort stammen, mit den notwendigen Werkzeugen und Ressourcen auszustatten, um ihre psychische Gesundheit und ihr Wohlbefinden zu unterstützen. Beratungsangebote und Hilfsmittel werden kostenlos in Arabisch, Persisch, Paschtu und Kurdisch angeboten und sind online verfügbar, wo sie sicher abgerufen werden können.

In einer ersten Phase konzentriert sich die Initiative auf LGBTIQ*-Personen, die sich derzeit in Afghanistan aufhalten, oder auf afghanische LGBTIQ*-Personen, die kürzlich in Nachbarländer oder in westliche Länder umgezogen sind. Beratungen finden in Paschtu und Persisch (Dari), den beiden in Afghanistan gesprochenen Hauptsprachen, statt. In der zweiten Phase soll das Projekt auf andere Länder in der NAWA-Region ausgeweitet werden und weitere Sprachen umfassen.

Die Initiator*innen hoffen, mit dem Projekt folgende Ziele zu erreichen:

 Sensibilisierung der Zielbevölkerung für psychische Gesundheit und Vermittlung grundlegender Bewältigungskompetenzen durch Beiträge in den sozialen Medien und einer Reihe von Podcasts auf eine kulturell/sprachlich sensible Weise.

 Aufbau eines Netzwerks aus Persisch (Dari) und Paschtu sprechenden Anbietern, die LGBTIQ*-freundlich sind, Einrichtung eines sicheren Online-Überweisungssystems zu diesen Anbietern und Beaufsichtigung ihrer Arbeit.

 Vermittlung von Personen aus der Zielbevölkerung an die Anbieter aus dem Netzwerk für vertrauliche und anonyme Beratungen

Sarah Hegazy

Am 22. September 2017 besuchte die Ägypterin Sarah Hegazy ein Konzert der libanesischen Indie-Pop-Band Mashrouʼ Leila in Kairo. Wie auch einige andere im Publikum schwenkte die studierte Software-Entwicklerin und offen lesbische Frau während des Konzerts eine Regenbogenfahne. Mit der Aktion wollte sie den schwulen Sänger der Band, Hamed Sinno, unterstützen, einen der wenigen offen schwulen Künstler aus dem Nahen Osten. 

Die Band bezeichnete das Konzert in Kairo zunächst als „eine der besten Shows, die wir je gespielt haben“. Was dann folgte, glich jedoch mehr einem Albtraum. Die ägyptischen Behörden führten Polizeirazzien unter den Konzertbesucher*innen durch. Mindestens 57 Personen wurden verhaftet, darunter auch Sarah Hegazy als einzige Frau.

Wegen „Förderung sexueller Abweichungen und Ausschweifungen“ erhielten einige der Konzertbesucher zum Teil hohe Strafen von bis zu sechs Jahren Haft. Sarah kam in ein Frauengefängnis, in dem sie gedemütigt, vergewaltigt und gefoltert wurde. Nach drei Monaten Haft wurde sie entlassen und zur Zahlung von 2.000 ägyptischen Pfund verurteilt, das sind etwa 109 Euro. Sie verlor ihren Job als Software-Entwicklerin und wurde von einigen Familienmitgliedern angefeindet, weshalb sie schlussendlich nach Kanada floh, wo sie politisches Asyl erhielt.

Von den Erlebnissen hatte sich Sarah Hegazy nicht erholen können. Sie litt an einer posttraumatischen Belastungsstörung, Angstzuständen und Depressionen, die sich, wie sie selbst sagte, nach dem Tod ihrer Mutter weiter verschlimmerten. Am 14. Juni 2020 nahm sich Sarah das Leben. In ihrem Abschiedsbrief schrieb sie:

„To my siblings – I tried to survive and I failed, forgive me. To my friends – the experience was harsh and I am too weak to resist it, forgive me. To the world – you were cruel to a great extent, but I forgive.“

(Sarah Hegazi)

Foto: Romy Arroyo Fernandez / NurPhoto via AFP

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