Interview • Renée Zellweger

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Sechs Jahre ist es her, dass Renée Zellweger in den Kinos zu sehen war. Nun meldet sie sich mit „Bridget Jones’s Baby“ (Kinostart: 20. Oktober) zurück, für den sie zum dritten Mal in ihrer Paraderolle vor der Kamera stand. Wir trafen sie zum Interview.

Foto: Studio Canal

MISS ZELLWEGER, ES IST EINE WEILE HER, DASS SIE AUF DER LEINWAND ZU SEHEN WAREN. HABEN SIE IHRE AUSZEIT VON HOLLYWOOD GENOSSEN?

Oh ja, und wie. Ich habe unglaublich viel gelernt. Ich habe mich ja nicht einfach nur in ein Strandhaus zurückgezogen und sechs Jahre lang die Beine hochgelegt, sondern mich in anderen Bereichen der Filmbranche ausprobiert, um zu sehen, wo meine Talente und Interessen jenseits der Schauspielerei liegen. Unter anderem habe ich eine Fernsehserie entwickelt und die Pilotfolge auf den Weg gebracht, auch wenn es darüber am Ende dann nicht hinausging. Außerdem habe ich Kurse an der Uni besucht, mein Leben gelebt. Insgesamt kann man sagen: Ich habe einige Versprechen eingelöst, die ich mir selbst vor langer Zeit gegeben hatte.

DAS KLINGT SEHR POSITIV. WARUM HAT ES SIE NUN ÜBERHAUPT ZURÜCK VOR DIE KAMERA GEZOGEN?

Es war an der Zeit, ich fühlte mich wieder bereit dazu. Ja, ich muss sogar sagen, dass ich die Schauspielerei irgendwann vermisst habe. Sie ist für mich ein Weg, mich kreativ auszudrücken, der mir viel bedeutet. Es ist mir manchmal unerklärlich, aber tatsächlich verspüre ich ein echtes Bedürfnis nach ihr. Als dann die Pläne für einen neuen „Bridget Jones“-Film konkreter wurden, war ich freudig aufgeregt. Daran merkte ich, dass meine Auszeit wohl zu einem Ende kommen würde.

ALLER FREUDE ZUM TROTZ: GAB ES AUCH EINEN MOMENT DES ZÖGERNS ANGESICHTS EINES NEUEN „BRIDGET JONES“-FILMS NACH ALL DEN JAHREN?

Selbstverständlich. Man muss sich viel Mühe geben, wenn man sich einer Figur annimmt, die so vielen Menschen etwas bedeutet. Ich wollte sichergehen, dass wir wirklich etwas zu erzählen haben und nicht leichtfertig mit dieser Welt umgehen, die Helen Fielding geschaffen hat. Deswegen war es eine solche Freude, dass Helen am Drehbuch mitgearbeitet hat. Sobald mir klar war, dass dieser Film und seine Geschichte Bridget absolut treu bleiben würden, waren meine Zweifel beseitigt.

MUSSTEN SIE SICH DIE FIGUR ERST WIEDER ERARBEITEN ODER WAREN SIE MIT BRIDGET IMMER NOCH VERTRAUT?

Irgendwie beides. Auch nach all den Jahren war mir die Rolle noch unglaublich vertraut, und letztlich waren meine Arbeit und die Vorbereitung nicht anders als bei den ersten beiden Filmen. Allerdings mussten wir natürlich einen Weg finden zu zeigen, dass auch für Bridget eine ganze Menge Zeit vergangen war: in welcher Hinsicht sie sich verändert und weiterentwickelt hat – und vor allem in welcher nicht.

WAS IST ES EIGENTLICH AN DIESER FIGUR, DASS EIN DERART GROSSES PUBLIKUM AUF DER GANZEN WELT SICH VON IHR ANGESPROCHEN FÜHLT?

Puh, sagen Sie es mir! Ich würde sagen, dass es vor allem ihre Fehler sind, durch die wir uns zu ihr hingezogen fühlen. Dass Bridget nicht perfekt ist, dass sie unbeholfen sein kann und ihr peinliche Dinge passieren – damit können sich vermutlich alle identifizieren. Und dass sie sich bei all dem am Ende nie unterkriegen lässt, sondern immer wieder aufsteht, ist inspirierend. Gerade weil sie selten alle Ideale erfüllt, die sie sich selbst vorgibt, ist sie so authentisch.

„BRIDGET JONES’ BABY“ ZEIGT DIE PROTAGONISTIN ABER NUN AUCH ALS FRAU, DIE IN IHREN VIERZIGERN NOCH BEGEHRENSWERT IST UND ZWISCHEN ZWEI MÄNNERN STEHT. DA SOLLTE SICHER AUCH GEZIELT EINE POSITIVE BOTSCHAFT GESENDET WERDEN, ODER?

Darüber habe ich, ehrlich gesagt, gar nicht nachgedacht. Zumindest während ich an dem Film arbeitete. Ich war wie selbstverständlich davon ausgegangen, dass sie vor Leben sprüht, gut aussieht und begehrenswert ist. Warum denn nicht? Ich persönlich habe jedenfalls immer versucht, mit diesem Selbstverständnis durchs Leben zu gehen.

LEICHTER GESAGT ALS GETAN?

Ach, mal so, mal so. Insgesamt bin ich aufgewachsen mit dem Bewusstsein, dass jede Frau ihren eigenen Weg wählen kann, nicht gesellschaftlichen Zwängen entsprechen und nur ihre eigenen Erwartungen erfüllen muss. Daran habe ich mich immer orientiert und tue es bis heute. Dass Frauen Macht und Einfluss haben können, war für mich immer selbstverständlich, und aktuell sieht man ja in jüngeren Generationen, dass es immer mehr Frauen so geht. Von den Kämpfen und Schwierigkeiten, mit denen ihre Geschlechtsgenossinnen zu tun hatten, wissen sie kaum noch etwas – und stellen nicht infrage, dass sie tun und sagen können, was sie wollen. Mich freut es zu sehen, dass es immer weniger der Rede wert ist, wenn Frauen Drehbücher schreiben, sich um politische Ämter bewerben oder Ähnliches.

Foto: Studio Canal

DENNOCH HABEN NICHT ZULETZT SIE SELBST JÜNGST WIEDER ERLEBT, WIE SEHR GERADE FRAUEN HÄUFIG ÜBER ÄUSSERLICHKEITEN DEFINIERT WERDEN ...

Ich gebe mir große Mühe, das nicht so sehr an mich heranzulassen. Dieses Zur-Ware-Werden von Schauspielern, diese Geschichten, die geschrieben werden, um Auflagen in die Höhe zu treiben. Furchtbar und respektlos! So viel davon hat damit zu tun, jemanden kleinzumachen. Aber wenn ich kann, ignoriere ich so etwas und tue im Idealfall so, als existiere dieses Phänomen gar nicht.

WAS DAS ANGEHT, HAT SICH DER TON GERADE IN DER UNTERHALTUNGSINDUSTRIE GANZ SCHÖN VERSCHÄRFT IN DEN JAHREN IHRER AUSZEIT. HABEN SIE SICH SCHON AN DIE EXISTENZ VON SOCIAL MEDIA GEWÖHNT?

Was das angeht, bin ich von gestern. Ich glaube, ich lernte gerade erst, was überhaupt Online-Foren sind, als der Rest der Welt sich schon auf Twitter tummelte. Aber mich interessiert all das nicht, deswegen findet man mich auch nicht in all diesen sozialen Netzwerken. Ich werde nie verstehen, warum ich mir die Meinung von wildfremden Menschen im Internet zu Herzen nehmen oder gar mein Leben danach ausrichten sollte.

•Interview: Jonathan Fink

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