„ICH AKZEPTIERE MICH JETZT EINFACH SELBST“

© PR

Mike Hadreas alias Perfume Genius hat sich bisher einen Namen mit zwei pianoballadesken, leicht theatralischen Alben einen guten Namen gemacht. Auf seinem dritten Werk „Too Bright“ entdeckt der mit seinem Partner Allan in Seattle lebende Musiker nun den Dance-Pop – oder besser gesagt: seine Version des Dance-Pop.

„TOO BRIGHT“ IST UM EINIGES ELEKTRONISCHER UND TANZBARER AUSGEFALLEN ALS DEINE BISHERIGEN ZWEI ALBEN. WORAN LIEGT DAS?

An mir. Ich habe heute mehr Vertrauen in meine Musik und letztlich in mich selbst als in den Jahren zuvor. Das kommt vom vielen Touren und vermutlich auch vom Leben an sich. Ich wollte meinen Sound deshalb einen Schritt weiterbringen und musikalisch selbstbewusster werden.

ADRIAN UTLEY VON PORTISHEAD HAT DAS ALBUM MITPRODUZIERT. WARUM?

Ich liebe Portishead, fragte ihn, und er war dabei. Adrian hat mit seinem Studio noch ganz andere Möglichkeiten als ich. Ich kann zuhause die harschen, lauten, flirrenden Nummern nicht aufnehmen, dazu fehlt mir die nötige Ausrüstung. Allerdings fand ich Adrian auch bei den stilleren Liedern, die es ja immer noch gibt bei mir, sehr hilfreich.

DAS VERMUTLICH AM SELTSAMSTEN KLINGENDE NEUE LIED HEISST „I’M A MOTHER“. WORUM GEHT ES?

Nicht um meine eigene Mutter jedenfalls, auch wenn Mama das Album insgesamt sehr mag (lacht). In dem Lied befasse ich mich mit der Frage, wie mein Leben sich wohl entwickeln würde, sollte ich selbst einmal Kinder haben. Mit meinem Freund Allan bin ich jetzt seit vier Jahren zusammen, und ich bin nun einmal schwul, auf der anderen Seite ist die Fortpflanzung doch irgendwie der Grund, warum ich überhaupt auf der Welt bin. Komplizierte, vielschichtige Sache, das mit den Kindern.

MEINST DU, DU WILLST KINDER HABEN?

So bald sicher noch nicht. Ich habe doch gerade erst begonnen, mich um mich selbst zu kümmern und mein eigenes Leben ernst zu nehmen.

DU BIST JETZT 33 UND LEBST SEIT 2008 IN SEATTLE. DEINE 20ER HAST DU IN NEW YORK VERBRACHT UND DORT AUCH ZIEMLICHE PROBLEME MIT DROGEN UND ALKOHOL BEKOMMEN. HABEN DEINE WILDEN JAHRE DICH DAVON ABGEHALTEN, ERWACHSEN ZU WERDEN?

Ja, total. Nach den ganzen Drogen und der Sauferei und den teilweise unangemessenen Beziehungen hatte ich das Gefühl, ich bin wieder 18. Zumindest kam es mir so vor, als ich zu meiner Mutter zog.

WIE GEHT ES DIR HEUTE?

Viel besser. Ich trinke nicht mehr und nehme nichts mehr, nur das Rauchen mag ich mir nicht abgewöhnen. Ich habe mich betäubt, um meine Probleme zu übertünchen. Aber das funktionierte nicht- die Probleme blieben und wuchsen im Verborgenen. Als ich die Drogen wegließ, waren die Probleme plötzlich riesig und direkt vor meiner Nase. Letztlich mache ich Musik, um damit zurechtzukommen, wer ich bin. Die ersten zwei Alben waren sehr therapeutisch, mittlerweile gucke ich viel mehr nach vorne.

WORUM GEHT ES IN DEINER SINGLE „QUEEN“?

Um Akzeptanz. Mein Leben lang habe ich gewollt, dass die Leute mir versichern, ich sei in Ordnung. Das passiert nur leider viel zu selten. Stattdessen beleidigten mich die Leute in der Schule, auf der Straße, überall. Ich bin es so wahnsinnig leid, mich dafür zu schämen, wer ich bin. Deshalb habe ich beschlossen, mich einfach selbst zu akzeptieren und nicht mehr nach Zuspruch von außen zu gieren.

DU HAST EINEN KLEINEN SKANDAL VERURSACHT, ALS EIN WERBEFILM FÜR DEIN VORHERIGES ALBUM AUF YOUTUBE ZENSIERT WURDE, WEIL ER ANGEBLICH NICHT JUGENDFREI WAR. FANDEST DU DAS SKANDALÖS ODER AMÜSANT?Ganz klar das Zweite. Der Clip zeigte nichts weiter als zwei Männer, einer davon war ich, die sich umarmen – unterlegt von einem meiner hübschesten und lieblichsten Songs überhaupt. Wenn überhaupt fand ich das Video fast zu niedlich und zu harmlos und zu süß. Irre, dass es angeblich Zuschauer belästigen soll. Aber was soll’s, ich bekam auf diese Weise sehr viel Aufmerksamkeit , wenn auch mit einer meiner unkontroversesten Arbeiten aller Zeiten.

•Interview: Steffen Rüth

Back to topbutton