CMAT: „Ich habe mich oft dumm gefühlt“

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Foto: Sarah Doyle

Foto: Sarah Doyle

Auch wenn die Irin CMAT bei den Music Moves Europe Awards den ersten Platz der ukrainischen Singer-Songwriterin Jerry Heil überlassen musste: Ihr Auftritt im Häkken auf dem Hamburger Kiez hat bei den Reeperbahn-Festival-Fachbesuchern auf jeden Fall einen bleibenden Eindruck hinterlassen.

Auf der Bühne, das zeigt sich schon nach wenigen Minuten, ist die 27-Jährige wahrhaftig eine Naturgewalt. Allein dank ihres Outfits – zu weißen Rüschen-Hotpants trägt sie grüne Glitzerboots – sticht die Musikerin ins Auge. Doch es sind nicht allein solche Äußerlichkeiten, die einen faszinieren. CMAT, geboren als Ciara Mary-Alice Thompson in Dublin, steht keine Sekunde still. Mal turnt sie unter dem Keyboard herum, mal liegt sie auf dem Boden, dabei singt sie die ganze Zeit. Ihre expressive Stimme legt sich über einen Mix aus Country und Pop.

Nach diesem fulminanten Auftritt braucht CMAT erst mal ein Bier. Sie probiert eine lokal gebraute Gerstenkaltschale und ist begeistert: „Wir Iren lieben Bier.“ Eine weitere Leidenschaft ihrer Landsleute: Country. Bereits als Kind hörte CMAT Johnny Cash – und begeisterte sich für Karaoke. Unvergesslich geblieben ist ihr ein Campingurlaub in Frankreich. Als sie dort beim Karaoke mitmachte, riss sie ihr Publikum mit: „Alle haben geklatscht. Zum ersten Mal bekam ich eine wirklich große Reaktion auf meinen Gesang.“

Dennoch war es für CMAT nicht so leicht, Musikerin zu werden. „Wenn man nicht reich ist“, erläutert sie, „gibt es in Irland wenige Wege in die Musikbranche. Es fehlt an staatlichen Förderprogrammen und Auftrittsmöglichkeiten.“ Also zog die Irin nach Manchester. Dort gründete sie mit einem Tinder-Date das Duo Bad Sea. „Damals“, bekennt sie, „haben wir jede Show gespielt. Doch ich konnte noch nicht so gut singen wie heute.“ Das war nicht das einzige Problem. Auch in der Beziehung mit ihrem Musikerkollegen hakte es: „Ich war 18, er 27. Allein durch den Altersunterschied entwickelte sich eine toxische Dynamik. Ich habe mich oft dumm gefühlt.“

Die Reißleine zog sie schließlich nach einem Gespräch mit der Sängerin Charli XCX. Sie riet ihr zur Trennung und einem Neuanfang als Künstlerin. CMAT kehrte nach Irland zurück und beschloss, ein halbes Jahr lang jede Woche einen Song zu schreiben, den sie dann online stellte. Auf diese Weise gewann sie immer mehr Fans, ihr Debütalbum „If my Wife Knew I’d Be Dead“ stieg 2022 direkt an die Spitze der irischen Charts. Nun folgt ihre zweite Platte „CrazyMad, for me“. Mit ihren neuen Liedern hat sie sich an ihrer toxischen Beziehung abgearbeitet. „Eigentlich“, gesteht sie, „wollte ich ein abstraktes Konzeptalbum machen. Bis ich beschlossen habe, meine Geschichte einfach direkt zu erzählen.“ Dabei nimmt CMAT ihrer Hörer mit auf eine dreigeteilte Reise. In einem Stück wie „Rent“ ist noch einmal ihre Wut hochgekocht. Mit „Torn apart“ übt sie Selbstkritik: „Wenn ich mich verliebe, denke ich immer: Mit dieser Person werde ich den Rest meines Lebens verbringen. Ehrlich gesagt war mein damaliger Partner realistischer. Dank seiner Erfahrung war ihm klar, dass wir uns eines Tages trennen würden.“ Der dritte Part schaut zum Beispiel mit „Have Fun!“ nach vorne. CMAT hat wieder Spaß am Leben. Dennoch redet sie sich in Rage, als sie über das Queersein in Irland nachdenkt. „Für mich war meine Bisexualität kein großes Problem, weil sich die katholische Kirche nicht für die Sexualität einer Frau interessiert“, resümiert sie. „Schwule haben es schwerer, weil ein Mann in Irland ein echter Kerl sein muss.“ *Dagmar Leischow

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