Im Prinzip ist sie ein Kumpeltyp: Rita Ora

by

Wer die bunten Blätter liest, gewinnt den Eindruck, Rita Ora sei vor allem eins: ein oberflächliches Partygirl. Ein gutes Jahr war die Sängerin mit dem Musiker Calvin Harris liiert, danach wurde sie angeblich immer wieder mit anderen Männern gesichtet. So geisterte es zumindest durch die Boulevardpresse. Dennoch fragt man sich, ob diese Frau nicht mehr zu bieten hat. Ein Treffen mit der 28-Jährigen in einem Hotel im Londoner Stadtteil Notting Hill soll Licht ins Dunkel bringen.

Schon der erste Eindruck ist vollkommen anders als erwartet. Rita Ora tritt nicht etwa im knappen Glitterfetzchen, das viel nackte Haut zeigt, zum Interview an. Abseits der Bühne zieht sie bequeme Klamotten vor: Baggy Pants, Pullover, Turnschuhe. „Privat laufe ich meistens so rum“, stellt sie klar. Im Prinzip ist sie ein Kumpeltyp. Mit ihr kann man einfach drauflosquatschen. Sie mag Körperkontakt, manchmal berührt sie während des Gesprächs den Arm ihres Gegenübers. Wie passt das mit der öffentlichen Rita zusammen, die so divenhaft-glamourös wirkt? Ist das nur eine Fassade, die die Künstlerin der Musikwelt entgegenhält? „Für meine Auftritte“, sagt sie, „bringe ich mich in den Performer-Modus. Wenn ich mein Bühnenoutfit anziehe, fühle ich mich um einiges selbstbewusster.“ Sie sucht nach den passenden Worten: „Ich werde praktisch unberührbar.“

Das kommt an. Ihr Debütalbum „Ora“ führte 2012 wochenlang die britischen Charts an, ein Nummer-eins-Hit jagte den nächsten. Dennoch gleicht ihre Karriere einer Achterbahnfahrt. Erst nach einem Rechtsstreit konnte sich die gebürtige Kosovo-Albanerin, die als Einjährige mit ihrer Familie nach London emigrierte, aus dem Vertrag mit ihrer früheren Plattenfirma aussteigen. Ihr Ex-Freund Calvin Harris wollte nach der Trennung plötzlich nicht mehr, dass sie seine Songs sang. Nächster Schock: Die Single „Girls“ löste einen Shitstorm aus, der durch die Social-Media-Kanäle tobte. Das Lied sei voller Klischees, hieß es. Besonders Frauen regten sich über Zeilen wie „Wenn ich Rotwein trinke, will ich einfach Mädchen küssen“ auf. Solche Aussagen hätten zur Folge, dass man die Liebe zwischen zwei Frauen nicht ernst nehmen könne, schimpfte zum Beispiel die lesbische Sängerin Hayley Kiyoko auf Twitter.

Diese Kritik lässt Rita Ora nicht gelten. „Ich bin mit mehreren Homosexuellen befreundet, die ich seit meiner Kindheit kenne“, kontert sie. „Also habe ich hautnah mitgekriegt, was sie durchmachen mussten.“ Einige hatten wegen ihrer sexuellen Orientierung Stress mit ihren Eltern, andere brauchten einen Therapeuten, weil sie nicht mit sich zurechtkamen. Das berührte Rita Ora. Sehr sogar: „Mit ,Girls‘ ergriff ich Partei für die LGBTIQ*-Community, die ich seit jeher unterstützt habe. Mein Lied sendet diese Botschaft: Fühlt euch frei, seid stolz auf euch.“

Wenigstens in ihren Konzerten kommt das an: „Meine Fans schwenken Regenbogenflaggen und singen mit mir ,Girls‘.“ Darum findet sich dieser Titel – eine Kooperation mit Cardi B, Bebe Rexha und Charli XCX – nun auch auf Rita Oras zweiter CD „Phoenix“. In ihren neuen Liedern zeigt sie sich erwachsener. Die Ballade „Soul Survivor“ schlägt einen Bogen zu Krisenmomenten – seien es Rita Oras unschöne Erfahrungen mit der Musikindustrie oder die Krebserkrankung ihrer Mutter. Tracks wie „Cashmere“ oder „Let you love me“ locken auf den Dancefloor. Zu den persönlichen Favoriten der Musikerin zählt die Midtempo-Nummer „Falling to Pieces“: „Ich mag das dezente Beatles-Flair und die vielseitige Instrumentierung.“

*Interview: Dagmar Leischow

Back to topbutton