INTERVIEW: Sarah Connor

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Foto: VOX/TimmoSchreiber

Deutschlands Soul-Popstar Sarah Connor („From Zero to Hero“) ist gerade hoch in den Charts mit „Keiner ist wie du“ (aus dem VOX-TV-Format „Sing meinen Song“). Ein Gespräch über Offenheit, Unterschiede und ihre russischen Fans

DU HAST IM SHOWBUSINESS VIEL KONTAKT ZU SCHWULEN, SICHER AUCH FREUNDSCHAFTEN. ABSEITS ALLER KLISCHEES: WAS UNTERSCHEIDET DIESE FREUNDSCHAFT VON DER ZU EINEM HETERO?

Ehrlich gesagt nicht viel, außer, dass ich mit meinen schwulen Freunden besser lästern, nein Verzeihung: analysieren und bewerten und herrlich über albernes Zeug abgackern kann. Sie kokettieren oft mit ihrer femininen Seite und nehmen sich dabei nicht ganz so ernst. Allerdings habe ich auch den einen oder anderen schwulen Freund, der trotz aller Offenheit hier bei uns heutzutage sehr lange gebraucht hat, in seinem Umfeld und seiner Familie akzeptiert zu werden, oder der es noch immer verschweigt.

WIE VIEL EINFLUSS HABEN SCHWULE AUF DEINEN STIL?

Ich hatte viele Jahre lang einen fantastischen schwulen Stylisten. Ohne ihn wäre ich verloren gewesen. Er hatte meistens ein sicheres Händchen für das, was mir stand, und hat mich vor dem einen oder anderen Desaster bewahrt. Ich bin immer wieder erstaunt, wie viele schwule Männer sich für Mode interessieren und wie hochtalentiert viele von ihnen als Designer sind. Ich habe mich oft gefragt, woran das liegt. Auch in Hair und Make-up sind es häufig Schwule, die am erfolgreichsten gebucht werden. Sie haben Geschmack. Klar, es gibt auch viele Extrembeispiele, wo die Liebe zu Mode und zum Make-up ins Exzessive ausartet, aber auch das ist eben eine Form von Kunst, Kreativität oder auch mal Protest.

UND MUSIKALISCH?

Da ist es mir ehrlich gesagt völlig egal. Mich interessiert nicht, welche sexuelle Orientierung ein Musiker hat und ich glaube auch nicht, dass das mit der Musikalität zusammenhängt. Ich verehre Dusty Springfield, Esperanza Spalding und Michael Jackson und Sister Rosetta Tharpe oder Etta James gleichermaßen. Ist mir wurscht, wer da wo mit wem was gemacht hat. Gute Musik entsteht da, wo Talent und Begabung auf die Fähigkeit treffen, fühlen zu können. Und darauf kommt es doch letztendlich an: auf das Gefühl.

DIE GESELLSCHAFTLICHE LAGE WIRD WIEDER SCHWIERIGER FÜR DIE SZENE. WIE BEOBACHTEST DU DAS AUF DEINEN TOUREN? BEKOMMST DU DISKRIMINIERUNG MIT?

Vor allem in Russland bekommt man die Unterdrückung schon sehr mit. Man spürt die Unsicherheit in den Familien und in der Gesellschaft, sich zu outen. Es ist tragisch. Ich habe eine große Fanbase in Russland und spiele daher häufig Konzerte dort, wobei ich auch immer die Chance nutze, mich mit den Menschen aus der jeweiligen Stadt zu unterhalten. Ich habe es beispielsweise in Sibirien erlebt, dass sich Leute ängstlich umschauen, wenn man sie nach ihrer Meinung über die Homosexuellengesetze befragt, oder danach, was sie von Putin halten, eben weil jegliche positive Äußerung zum Thema Homosexualität absolut verboten und somit strafbar ist. Völlig unvorstellbar für uns hier im Westen, wo wir Meinungsfreiheit genießen. Und dennoch haben auch wir hier noch viel zu tun. Warum können homosexuelle Paare in dieser modernen Zeit noch immer nicht selbstverständlich ein Kind adoptieren? Warum gilt Homosexualität in so vielen Religionen noch immer als Sünde? Das ist doch absurd.

*Interview: Michael Rädel

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