Verdrängung der Szene?

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Foto: M. Rädel

Foto: M. Rädel

Das dem Gelände namensgebende Reichsbahnausbesserungswerk wurde 1867 als „Königliche Eisenbahnhauptwerkstatt Berlin II“ eröffnet. Seit den 1990ern entwickelte sich hier eine vielfältige Szene. Die ist in Gefahr.

2018 ist die seit 1999 erfolgreiche Party „Chantals House of Shame“ in den Klub Suicide Circus auf dem RAW-Gelände gezogen. Hier befinden sich auch unter anderem der Swimmingpool-Klub Haubentaucher, die Szenebar „Zum schmutzigen Hobby“ und die Astra-Konzerthalle, die schon Künstlern wie The Gossip und Lykke Li eine, nein, IHRE Bühne bot. Im Sommer wurde nun der Bebauungsplan des RAW-Geländes beschlossen. Die gute Nachricht vorweg: Es wird nicht alles plattgemacht, einige Gebäude können bleiben, einige werden umziehen müssen, andere werden neu entstehen. Wir fragten nach.

Foto: M. Rädel

Andreas, Chantal und Thomas von „Chantals House of Shame“

Bis dahin geht noch oft die Sonne über den Tanzflooren auf. Es ist auch ein neuer Suicide Circus auf dem Gelände geplant. Ob das RAW-Ensemble allerdings nach der überflüssigen Bebauung noch den eigentlich von aller Welt gesuchten und leider schwindenden rauen Berliner Charme und das Charisma hat, steht in den Sternen. Doch eins steht fest: Chantal behält Charme und Charisma bis ans Ende von Raum und Zeit. Und die Familie zieht immer mit. www.blu.fm/topics/chantal

Mike Stolz, „Zum schmutzigen Hobby“

Foto: M. Rädel

Die Bar engagiert sich schon seit Jahren für eine behutsame Entwicklung des RAW-Geländes und eine Zukunft, in der die kleinteiligen, gewachsenen Strukturen dauerhaft erhalten werden können. Darum sind wir auch Mitglied der Genossenschaft „RAW Kultur L“. Als Teil des „Soziokulturellen Ls“ hoffen wir, dass der vereinbarte städtebauliche Vertrag zwischen der Kurth-Gruppe (Eigentümer) und der GSE zustande kommt und damit auf einem wesentlichen Teil des RAW-Geländes die gastronomischen, kulturellen, künstlerischen und sportlichen Nutzungen zumindest für die ersten dreißig Jahre erhalten bleiben. Das bietet auch die Möglichkeit des langfristigen Erhalts unserer Bar.

Foto: M. Rädel

Der Aufstellungsbeschluss an sich ist ein schwer ausgehandelter Kompromiss. So wie viele Engagierte auch, hätten wir uns eine weniger massive Bebauung auf dem RAW-Gelände gewünscht. Wir freuen uns jetzt erst einmal auf die Beteiligungen im Bebauungsplanverfahren und hoffen, damit eine zukunftsfähige Vision für den Kiez und die Stadt mitentwickeln zu können. www.blu.fm/topics/zum-schmutzigen-hobby

Foto: Berlin Non Stop

Roy Siny, Berlin Non Stop

Es gibt so viele Schlafbezirke und offene Flächen in Berlin – und trotzdem muss in den letzten Jahren immer genau dort, wo Klubs, die diese Stadt weltweit besonders gemacht haben und seit Jahren existieren, gebaut werden. Leider verändert sich Berlin schnell und es gibt kaum jemanden, der diese Besonderheit unserer Stadt schützen und gegen diesen Schwachsinn kämpfen will. Ja, Hightech lohnt sich mehr als Techno, allerdings besuchen so viele Menschen unsere Stadt wegen Techno, Nachtleben und Kultur! www.facebook.com/berlinnonstopp

Bild: Das Frohlein Moodmacher

Das Frohlein Moodmacher

Das RAW-Gelände ist sozusagen meine Spielwiese. Wir haben dort im Mai eine „Wall of Love“ mit 1.200 Bildern von Künstlern aus der ganzen Welt gestaltet: „Streetart Against Hate (Levveunlevvelosse)“. Auch meine Eiercollagen sind am RAW vertreten. Dieser Ort ist sowohl für Streetart-Künstler als auch für Kunstinteressierte eine Art Mekka. Im August findet das Yard5-Festival dort statt, wo sich Graffiti- und Streetart-Künstler präsentieren dürfen. Eine Verdrängung der Szene durch die geplante Umgestaltung des Geländes wäre ein großer Verlust. Berliner Originale werden rar! www.facebook.com/dasfrohlein.moodmacherrr

Foto: M. Rädel

Maria Psycho aka Marcus Wolff

Das Alte geht und etwas Neues kommt. Eigentlich ganz schön, das Leben ist ja auch ein ständiges Kommen und Gehen. Nur dass sich das die Leute, die das Alte lebten und liebten, meist nicht mehr leisten können. Ein wichtiger Grund, warum die kreative Szene immer mehr an den Stadtrand verdrängt wird. Ob ihr für coole Underground-Partys oder günstigen Wohnraum zukünftig bis nach Hönow oder Hellersdorf fahren möchtet, das müsst ihr selbst entscheiden ... Die BVG-Tickets sollen ja günstiger werden.  www.facebook.com/marcuswolffperformance

*Fragen: Michael Rädel

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