Landtagswahl Baden-Württemberg

by

Foto: Landtag von Baden-Württemberg

Am 14. März wählt Baden-Württemberg einen neuen Landtag – dann wird unter anderem entschieden, ob sich das grün-schwarze Bündnis weiterhin behaupten kann.

Queere Themen spielen dabei eine wichtige Rolle, denn sie waren zum Beispiel im Fall der Schulunterricht-Leitlinie „Bildung für Toleranz und Akzeptanz von Vielfalt“ Grund für lautstarke Proteste in der Bevölkerung. Ein Blick in die Wahlprogramme der regierenden Parteien zeigt in Bezug auf queere Rechte entsprechende Unterschiede.

Als Erfolg im Bereich der queeren Rechte kann die regierende Koalition aus Bündnis 90/Die Grünen und CDU auf die finanzielle Absicherung des umfangreichen Aktionsplans „Für Akzeptanz & gleiche Rechte Baden-Württemberg“ verweisen; die Haushaltsmittel von 400.000 Euro für die Jahre 2018 und 2019 wurden für 20/21 sogar verdoppelt.

Kritik gab es allerdings an der mangelnden Umsetzung, insbesondere im Bereich der Bildung; der LSVD Baden-Württemberg bemängelt zum Beispiel, dass es bislang nicht geschafft wurde, die Lebensrealität der LSBTIQ*-Community an den Schulen sichtbar zu machen. Im Sommer leistete sich der grüne Ministerpräsident Kretschmann zudem einen faux-pas, als er die Bestrebungen zur Einführung einer gendergerechten Sprache kritisch als „Tugendterror“ bezeichnete; Gegenkritik kam da sogar aus den eigenen Reihen, Applaus hingegen von der AfD.


Foto: Mohamed Hassan, pixabay.com, gemeinfrei


Im Wahlprogramm von Kretschmanns Partei BÜNDNIS90/DIE GRÜNEN möchte man sich weiterhin dafür einsetzen, die politischen Bedingungen für eine „offene und vielfältige Gesellschaft, in der jede*r selbstgestimmt und diskriminierungsfrei leben kann“ zu verbessern.

Die Sichtbarkeit sexueller und geschlechtlicher Vielfalt in den Lehrplänen ist dabei nur ein Punkt des umfangreichen Maßnahmenkatalogs, der Beratung, Hilfe und Unterstützung in allen Bereichen des Lebens umfasst, für queere Geflüchtete, Regenbogenfamilien, Jugendliche oder Senioren.

Bündnis90/Die Grünen will außerdem eine*n Landesbeauftrage*n für Gleichstellung und Diversity etablieren sowie Initiativen im Bundesrat starten – zur Aufnahme des Begriffs der sexuellen Identität in Artikel 3 Grundgesetz und zur Überarbeitung des Blutspendeverbots für homo- und bisexuelle Männer.


Im Wahlprogramm des aktuellen Koalitionspartners CDU findet man hingegen kaum Erwähnung queerer Themen; im Bereich der Familienpolitik kann man lesen:

„Das klassische Familienbild hat dabei genauso seinen Platz wie andere Formen des Miteinanders“.

Die Partei versichert außerdem, dass Toleranz und Akzeptanz für sie keine Schlagworte, sondern politischer Auftrag sind; Diskriminierungen aller Art müssen der Vergangenheit angehören, sagt die CDU.


Die SPD weist darauf hin, dass sie den Aktionsplan für Akzeptanz und gleiche Rechte von LSBTIQ* „von 2013 bis 2015 federführend erstellt“ hat. Er soll nun intensiviert und mit mehr finanziellen Mitteln ausgestattet werden. Das gleiche gilt für die landesweit „konsequent unterfinanzierten“ Beratungsstellen.

Die volle rechtliche Gleichstellung soll als Ziel in die Landesverfassung aufgenommen, außerdem ein Antidiskriminierungs- und Gleichstellungsartikel eingeführt werden, „der sexuelle Orientierung, Transidentität und geschlechtliche Vielfalt ausdrücklich benennt“.

Im Öffentlichen Dienst soll sich die Diversität der Gesellschaft wiederspiegeln, in der Arbeitswelt sollen „egal welchen Geschlechts oder welcher Geschlechtsidentität“ gleiche Chancen herrschen. In den Schulen soll der Bildungsplan entsprechend umgesetzt werden und damit sichtbar für Diversität und gegen Homo- und Transphobie gearbeitet werden; darüber hinaus sollen alle Schüler*innen eine selbstbestimmte Namens- und Geschlechterwahl haben.

„Baden Württemberg ist das Land der Regenbogen-Löw*innen. Es wird ein Siegel für Schulen, Vereine und andere Einrichtungen geben, die dieses Selbstverständnis durch Leuchtturmprojekte mit Leben füllen“, heißt es im Wahlprogramm.


DIE LINKE möchte queere Rechte im Land weiter ausbauen – die Vielfalt der Geschlechter, sexuellen Orientierungen und Lebensweisen sieht sie als gelebte Realität und fordert einen umfassenden Schutz sowie Förderung dieser Vielfalt in allen gesellschaftlichen Bereichen.

Insbesondere möchte DIE LINKE landesweite Aufklärungskampagnen zu queeren Lebensweisen. An den Schulen soll die Leitperspektive „Bildung für Toleranz und Akzeptanz von Vielfalt“ umgesetzt werden und selbstverwaltete Community-Zentren sollen in allen Regionen entstehen. Mehr noch: „Aufträge und Fördermittel des Landes sollen nur an Betriebe vergeben werden, die einen wertschätzenden Umgang mit Vielfalt praktizieren“, Baden-Württemberg soll ein „Anti-Diskriminierungsgesetz nach Berliner Vorbild“ erhalten und der Rundfunkrat des SWR um Vertreter*innen queerer Netzwerke ergänzt werden.

Abgeschafft werden soll die „sinnlose und stigmatisierende Praxis der Kennzeichnung von HIV- und Hepatitis-positiven Menschen mit dem Kürzel ANST im Zusammenhang mit strafrechtlichen Ermittlungen“, ebenfalls auf Bundesebene soll das Land sich für die Anpassung des Familien- und Abstammungsrechts einsetzen sowie um die Abschaffung des Transsexuellengesetzes bemühen – zu Gunsten einer „unbürokratischen Personenstands- und Vornamensänderung“ im Personenstandsgesetz.


Umfangreich setzt sich auch die FDP mit queeren Rechten auseinander: „Familie gibt es heute in vielfältiger Ausprägung“ liest man da – die Unterstützung gelte auch für Regenbogenfamilien.

Der Aktionsplan „Für Akzeptanz & gleiche Rechte Baden-Württemberg“ soll weiter ausgebaut werden, insbesondere sollen Mitarbeitende bei Polizei, in der Landesverwaltung, im Jugend- und Seniorenbereich für queere Themen sensibilisiert werden.

Homophobe Gewalt soll konsequent verfolgt und statistisch als eigenständiger Aspekt erfasst werden.

Auf Bundesebene möchte man sich für eine Erweiterung des Artikel 3 Grundgesetz stark machen, das Blutspendeverbot für homo-, bi- und trans*-Menschen soll aufgehoben werden und das bestehende Transsexuellengesetz abgeschafft und gegen ein Selbststimmung stärkendes Gesetz ersetzt werden.


Die aktuell viertstärkste Kraft im Baden-Württembergischen Landtag, die AfD, macht in ihrem Wahlprogramm klar: „Jedweder Einfluss von LSBTTIQ-Lobbygruppen auf die Familien- und Geschlechtserziehung muss unterbunden werden“, man lehnt eine „auf linken Ideologien basierende Pseudowissenschaft wie ‚Gender Studies’ sowie die Politik des ‚Gender Mainstreaming’“ ab:

„Wir wollen die traditionelle Ehe und Familie schützen. Staatlich verordnete Quoten, aber auch Gleichstellungspropaganda und Minderheitenförderung unter der Fahne des ‚Gender Mainstreaming’ sprechen dem Gebot der Gleichberechtigung in unserem Grundgesetz Hohn“, sagt die AfD.

Für den Bereich Bildung fordert die AfD die Streichung der bisherigen Leitperspektive „Bildung für Akzeptanz von Toleranz und Vielfalt“, außerdem sei die Finanzierung jeglicher ideologischer Projekte ohne konkreten Nutzennachweis einzustellen; dazu gehören unter anderem auch Gender Studies.


Checkt die Website des LSVD Baden-Württemberg für die queeren Wahlprüfsteine https://ba-wue.lsvd.de/

Back to topbutton