Tanzplattform Rhein-Main: Imagine

by

Foto: Dorothea Tuch

Für die sechste Ausgabe des Tanzfestivals hat sich das Team um Anna Wagner und Bruno Heynderickx das Motto „Imagine“ gegeben.

Nachdem im vergangenen Jahr das Festival nach nur zwei Tagen aus den bekannten Gründen abgebrochen werden musste, hatte das Team der Mut nicht verlassen. Das diesjährige Motto soll unter anderem auch das verdeutlichen: „Imagine“ soll mit 18 Stücken nicht weniger als neue Vorstellungsräume öffnen, um gemeinsam neue Perspektiven auf unser Leben zu entwerfen.


Im „Spotlight“ des Festivals steht der israelische Tänzer und Choreograf Emanuel Gat, der mit seinen außergewöhnlichen Arbeiten seit Jahren zu den radikalen Denkern der Tanzszene zählt. Das Festival zeigt zwei Stücke seiner in Frankreich beheimateten Company „Emanuel Gat Dance“ sowie die Fotoausstellung „2020“.

Drei Arbeiten, die unterschiedlicher nicht sein könnten: Das in der pandemiebedingten Aufführungspause entstandene Ballett „Act II & II or The Unexpected Return Of Heaven And Earth“ (28. und 29.10., Frankfurt LAB) arbeitet mit klassischer Musik (Puccinis „Tosca“), „Lovetrain2020“ (7.11., Staatstheater Darmstadt) ist eine Art Musical mit Songs der britischen Popband Tears for Fears.

Foto: Jubal Battisti

Widersprechen sich da nicht „ernste Unterhaltung“ und reines Entertainment? Emanuel Gat findet das nicht: „Kunst sollte oder kann einen heilenden Zweck verfolgen. Und dafür sollte man eher positive und wertvolle Dinge einfließen lassen – und nicht etwas, dass die derzeitige Dystopie noch verstärkt“.

Foto: Jubal Battisti

„ Act II & II or The Unexpected Return Of Heaven And Earth“ entstand im Januar 2021 spontan während der pandemiebedingten Aufführungspause. In nur 10 Tagen wurde das Stück entwickelt, das intim und zugleich kraftvoll existenzielle Themen wie Liebe, Verrat, Eifersucht, Hoffnung, Krieg und Verfolgung thematisiert (28. und 29.10., Frankfurt LAB). „Lovetrain2020“ ist eine Art Musical mit der außergewöhnlichen Bewegungssprache des Choreografen (7.11., Staatstheater Darmstadt).

Die Fotoausstellung „2020“ als dritte Arbeit des Choreografen im KunstHaus Wiesbaden ist eine von Emanuel Gat selbst fotografierte Retrospektive der bisherigen Arbeit seiner Company. Zur Fotografie ist er aus ganz praktischen Gründen gekommen: Als Choreograf weiß er am besten, wie man sein jeweiliges Stück fotografisch am besten festhält und die richtigen Momente auswählt, um die Arbeit als Standbild am besten zu beschreiben. Seitdem begleitet er Proben und Aufführungen regelmäßig mit seiner Kamera.


Die Choreografin Joana Tischkau beschäftigt sich in ihren Arbeiten unter anderem mit Genderfragen und Rassismus. In „Being Pink ain’t easy“ geht sie den übersteigerten Männlichkeitsbildern der US-amerikanischen Rap- und Hip-Hop-Kultur der frühen 2000er nach und stellt dabei nicht nur die Frage nach kultureller Aneignung, sondern auch nach der Zementierung heterosexueller cis-Männlichkeit. Der (weiße) Performer Rudi Natterer verkörpert diesen Widerspruch und führt ihn mit Tanz und eindrucksvollen Posen ad absurdum. „Humor ist wichtig, denn nur mit einer Leichtigkeit und ohne Angst kann man sich diesen Themen nähern und sich mit den Fragen (selbstkritisch) auseinandersetzen“, meint Tischau zu ihrem Stück. (8. – 10.11., Mousonturm).


Absurd oder vielmehr skurril mutet auch die Performance „Coin Operated“ des portugiesischen Duos Jonas & Lander an: Zwei Tänzer sitzen auf elektrischen Kirmespferden, die von den Zuschauer*innen per Münzeinwurf aktiviert werden können (30. + 31.10. Parkside Studios Offenbach, 4. – 6.11. KunstHaus Wiesbaden).

Foto: Bruno Simao


Foto: Alessandro Costagliola

Auch Tony Rizzi kann sein für 2020 geplantes Stück „Why wait / Still Waiting“ endlich aufführen – eine Huldigung an das Ballett Frankfurt unter William Forsythe: „Wir waren alle Teil eines Ganzen. Es gab keinen Leiter, es war vielmehr eine Mischung aus Ideen, eine Art kreative Blase oder Wolke. Es hieß immer: „Genieß’ den Tag! Morgen könnte sich alles schon ändern oder vorbei sein‘. Es war alles immer sehr im Hier und Jetzt“, erinnert sich Rizzi im Interview mit dem GAB Magazin.

„Ich möchte zeigen, wie diese wunderbare Company so wunderbare Arbeit geleistet und wunderbare Kunst geschaffen hat. Und genau so kann man auch sein Leben gestalten und es zu einem wunderbaren Kunstwerk machen“.

Die Show bringt auch ein Wiedersehen mit bekannten Tänzer*innen wie Tamas Moritz, Amancio Gonzales, Alan Barnes, Jone San Martin, Irene Klein oder Inma Rubio Tomas. (13. und 14.11., Frankfurt LAB).


28.10. – 14.11., Tanzplattform Tanzfestival Rhein-Main, Vorstellungen in Frankfurt, Offenbach, Wiesbaden und Darmstadt, www.tanzfestivalrheinmain.de

Back to topbutton