The Totalitarians

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Foto: Martin Kaufhold

Wahlkampf in Nebraska, im amerikanischen Niemandsland: Francine ist eine Redenschreiberin, deren letzte Erfolge schon ein wenig zurückliegen. Daher setzt sie alles auf ihren aktuellen Job, der Ausarbeitung der Kampagne für die eher aussichtlose Kandidatin Penelope „Penny“ Easter.

Penny, ex-Rollerblade-Queen und leicht ordinäres Mitt-40er Nebraska-Gal, bietet zwar wenig politische Substanz, ist dafür aber umso machthungriger. Wider Erwarten sorgt ihre erste von Francine geschriebene Rede für große Aufmerksamkeit. Und nicht nur Penny steht plötzlich im Rampenlicht, auch Francines Karriere nimmt Fahrt auf.

Sehr zum Leidwesen von Francines Ehemann, dem Arzt Jeffrey, der seine eh schon vernachlässigte Ehe noch mehr in Gefahr sieht. Damit ist er empfänglich für die Verschwörungstheorien des leicht paranoiden Ben, der hinter Pennys Polit-Kampagne konspirative Mächte sieht, die Nebraska in ein totalitäres Regime verwandeln wollen.

Während einer Wahlkampfveranstaltung kommt es zum – wortwörtlichen – Shoot Down …

Foto: Martin Kaufhold

Foto: Martin Kaufhold

Foto: Martin Kaufhold

„The Totalitarians“ von Peter Sinn Nachtrieb persifliert den amerikanischen Wahlkampf in Form einer überzeichneten Slapstick-Komödie.

Man mag dabei instinktiv an Donald Trump denken, doch das Stück entstand bereits vor Trumps Erscheinen auf dem politischen Parkett. Inspiration war vielmehr die US-Politikern Sarah Palin, eine zwielichtige Figur, der unter anderem Machtmissbrauch während ihrer Zeit als Gouverneurin von Alaska nachgewiesen wurde. Als republikanische Kandidatin trat sie 2008 im Wahlkampf von John McCain als Vizepräsidentin an. Später war sie Teil der rechtspopulistischen Tea-Party-Bewegung, die die Politik Barack Obamas scharf torpedierte.

Foto: Martin Kaufhold

„The Totalitarians“ spielt mit diesen Geschehnissen, überdreht sie und stellt den Rummel um amerikanische Wahlkampfkandidat*innen als Farce dar. Dabei geht es nicht nur um die Kandidatin Penny Easter, die überzeugend skrupellos von Sarah Waddell gespielt wird.

Auch die ebenso opportunistische Francine (immer an Rande des Burnouts gespielt von Katy Federman) ist Teil des Systems, das für Macht, Erfolg und Ansehen alles tut und die Moral zum Teufel schickt.

Das Perfide: Peter Sinn Nachtrieb hat das Stück als Satire geschrieben, die inzwischen aber von der Realität eingeholt wurde. Und das nicht nur in Amerika:

Francines und Pennys Wahlkampf-Schlachtruf „Fight for Freedom“ – oder kurz „FFF“, gesprochen „fft fft fft“ – erinnert zum Beispiel an deutsche Corona-Demos. Grotesk und beklemmend zugleich.

Noch bis 27.7., The English Theatre, Gallusanlage 7, Frankfurt, Spieltage: Dienstag bis Sonntag, www.english-theatre.de

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