Vor Missbrauchsgipfel im Vatikan: Schweige-Demo gegen „Plage der Homosexualität“

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Am Vortag des Missbrauchsgipfels, bei dem im Vatikan vom 21. bis 24. Februar mehr als 110 Bischöfe über die Konsequenzen von sexuellem Missbrauch durch Priester beraten, fordert die Aktion „Acies Ordinata“ ein Ende des Schweigens der katholischen Kirche zum Thema Homosexualität. Klingt vernünftig, ist aber in Wahrheit ein homophobes Manifest 

Foto: Pixabay / Peggychoucair

Am Mittwochnachmittag versammelten sich auf der Piazza San Silvestro im Zentrum von Rom ein paar Dutzend Demonstranten, um mit einer „Mauer des Schweigens“ gegen das Schweigen der katholischen Kirche zum Thema Homosexualität zu demonstrieren. Der Ort war bewusst ausgewählt worden, weil in der Kirche San Silvestro in Capite, die den Platz überragt, die Reliquie des Kopfes von Johannes dem Täufer verwahrt wird. Johannes ist der erste Märtyrer des Neuen Testaments. Mit seinen Predigten gegen den Machtmissbrauch von König Herodes zog er dessen Zorn auf sich und wurde deshalb enthauptet. Herodes soll den Kopf nach der Vollstreckung noch lange aufbewahrt und immer wieder die Zunge mit einem Dolch durchstochen haben.

An dieses Motiv des brutalen Zum-Schweigen-Bringens knüpfen die Demonstranten der „Acies Ordinata“ an. Sie fordern anlässlich des Krisengipfels, den Papst Franziskus infolge der massenhaften Missbrauchsskandale in der katholischen Kirche einberufen hat, ein Ende des Schweigens zum Thema Homosexualität in Priesterzirkeln. Was auf den ersten Blick durchaus sinnvoll erscheint, entpuppt sich bei genauerem Hinsehen als Manifestation des Hasses. Auf der Acies-Ordinata-Website heißt es: „Der Gipfel der Vorsitzenden der Bischofskonferenzen der Welt, der am Donnerstag, den 21. Februar, in Anwesenheit des Heiligen Vaters eröffnet wird, ist eine historische Gelegenheit, sich nicht nur mit dem Thema des sexuellen Missbrauchs von Minderjährigen zu konfrontieren, sondern auch mit dem Thema der moralischen Korruption, das jede Verletzung der göttlichen und natürlichen Gesetze einschließt, beginnend mit der scheußlichen Plage der Homosexualität.“

Bei einer Pressekonferenz nach der Schweigedemonstration beantwortete ein siebenköpfiges Initiatoren-Team der „Acies Ordinata“ Fragen zur Aktion. Unter den Rednern waren katholische Journalisten, Historiker und Geistliche aus Großbritannien, Italien, Frankreich, USA, Kanada, Peru und Polen. Neben diversen Theorien über homosexuelle Seilschaften innerhalb der Kirche und die Angst von Gläubigen, sich durch Bekenntnisse gegen Homosexuelle als homophob zu disqualifizieren, erklärte der kanadische Journalist Scott Schittl gesundheitliche und psychologische Probleme von LGBTIQ* indirekt zur Strafe Gottes. Nach der Verlesung von Zitaten aus einem Bericht des kanadischen Szene-Magazins XTRA über erhöhte HIV- und Suizidraten in der queeren Community schloss Schittl: „Ist es angesichts einer solch krassen Realität nicht ein Akt wahrer Nächstenliebe, diejenigen, die sich homosexuellen Aktivitiäten oder jeglicher sonstiger sexuellen Verirrung hingeben, davor zu warnen, dass sie ihr Ewiges Leben gefährden?“

Man kann nur hoffen, dass der Krisengipfel im Vatikan nicht mit derart verschwurbelter Glaubensmystik an das Thema Missbrauch herangeht. Das Grundproblem der Unterdrückung von Homosexualität in der katholischen Kirche würde dadurch auf fatale Weise verfestigt statt gelöst und die unsägliche Gleichsetzung von Pädophilie und Homosexualität kultiviert. 

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