Kommt eine Reform der katholischen Kirche?

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Gestern begann in Frankfurt der „Synodale Weg“  ein Gesprächs- und Reformprozess von deutschen Katholiken und Bischöfen. Währenddessen bezog Papst Franziskus Stellung dazu, ob Homosexuelle im Eherecht gleich behandelt werden sollten.

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In der Bibel steht geschrieben: „Du sollst nicht bei einem Manne liegen wie bei einer Frau; es ist ein Gräuel.“ Doch auch in der katholischen Kirche gibt es Prediger und Gläubige, die andere Ansätze verfolgen und nach moderneren Maßstäben leben. Ist die Moral der Kirche noch zeitgemäß? Wie geht es mit der Kirche weiter? Wird schwuler und lesbischer Sex vielleicht irgendwann keine Sünde mehr sein? 

Der Synodale Weg greift einige dieser Fragen auf. Er soll helfen, Änderungen zu ermöglichen und Lösungen zu finden – initiert wurde der Prozess von der Deutschen Bischofskonferenz (DBK) und dem Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK). Somit arbeiten die offiziellen Vertreter des Vatikans mit den sogenannten Laien der kirchlichen Selbstorganisation zusammen, was an sich schon höchst ungewöhnlich ist. Der Startschuss fiel am 1. Dezember, die erste richtige Versammlung findet dieses Wochenende in Frankfurt am Main statt.


Dürfen auch Priester bald lieben?

Anstoß des Prozesses war die Missbrauchskrise in der katholischen Kirche. Bei drei der vier Hauptthemen des Synodalen Weges geht es um Fragen und Aufgaben, die sich durch den Skandal ergaben.

Das erste Thema lautet: Wie kann man einen Abbau der toxischen Machtstrukturen in der Kirche vorantreiben, um das Vertrauen der Menschen wieder zu gewinnen? Desweiteren wird natürlich das Zölibat untersucht, da die Lebensform von Priestern und Bischöfen Änderungen erfordert, wenn vor allem in Südamerika, aber auch hierzulande dauerhaft sichergestellt sein soll, dass genügend Personal für die Seelsorge bereit steht. Und: Die Sexualmoral der Kirche kommt auf den Prüfstand, da sie wichtige Erkenntnisse aus Humanmedizin und Theologie noch nicht verinnerlicht hat. Als viertes Themenfeld wurde die Position von Frauen in der Kirche hinzugefügt.

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Bis Ende 2021 möchte man Antworten auf diese brennenden Fragen und die sehr zeitgemäßen Probleme finden, die die Kirche in eine ihrer bislang größten Krisen gestürzt haben. Doch es gilt natürlich: Die wichtigen Entscheidungen werden in Rom getroffen. Die Abschaffung des Zölibats beispielsweise könnten deutsche Kirchenverbände niemals alleine beschließen. Entsprechende Signale der deutschen katholischen Kirche würden jedoch weltweite Beachtung finden.

Stefan Vesper, Generalsekretär des ZdK, erklärte gegenüber dem Domradio:

„Wir sind gerne und selbstbewusst und sehr zufrieden in dieser Weltkirche. Niemand in Deutschland will sich aus dieser Weltkirche ausklinken. Man muss aber für deutsche Fragestellungen auch Lösungen in Deutschland finden können. In anderen Ländern geht es ähnlich, und das ist richtig so. Und das werden wir jetzt auch machen.“


Papst Franziskus Queerpolitik bleibt widersprüchlich 

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Wie viel Zuspruch kann der Synodale Weg aus Rom erwarten? Der Ruf als Reformer eilte dem amtierenden Kirchenoberhaupt voraus. Wirklich erfüllen konnte der Papst die hohen Erwartungen an ihn bislang nicht. Auch aus queerer Sicht fiel er mit sehr gegenteiligen Äußerungen und Handlungen auf. 

Im letzten Herbst ernannte er Matteo Maria Zuppi zum Kardinal – der Erzbischof von Bologna gilt als Reformer, der sich für eine andere Haltung gegenüber queeren Menschen in der Kirche einsetzt (wir berichteten). Im November verglich Papst Franziskus homophobe Politiker mit Hitler, traf sich mit einer queerpolitisch aktiven Anglikanerin – und zeigte sich ihr gegenüber besorgt über Konversionsverfahren (wir berichteten).

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Diesen Montag soll Papst Franziskus vor amerikanischen Bischöfen im Vatikan jedoch eindringlich vor der Gleichstellung der Ehe gewarnt haben. Laut dem Erzbischof von San Francisco, Salvatore Joseph Cordileone, sprach der Papst sich deutlich gegen die Gleichbehandlung von Homosexuellen aus. Er zitierte Franziskus:

„Die Ehe ist einzigartig; die Ehe ist ihrer Natur nach eine Komplementarität zwischen Mann und Frau“

Aber: Papst Franziskus ermahnte die Bischöfe auch, queeren Gemeindemitgliedern Beistand und Fürsorge zukommen zu lassen. Es sei ihm wichtig gewesen, dass sie das Leiden und den Schmerz dieser Menschen verstünden, die zum Teil von ihren Familien verstoßen wurden, so Cordileone. Für den Papst bestünden jedoch deutliche Unterscheidungen zwischen Akzeptanz der sexuellen Orientierung und der Erlaubnis zur Eheschließung. Auch „Gender-Ideologien“, so der Papst, bergen Gefahren. Sie würden die Unterschiedlichkeit leugnen, mit der Gott Mann und Frau geschaffen habe.

Man muss wohl abwarten, wie viel Zuspruch der Synodale Weg aus Rom zu erwarten hat – und welche Erkenntnisse er zutage fördert.

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