Bolsonaro: „Wir müssen aufhören, ein Land von Schwuchteln zu sein!“

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Brasiliens Präsident ließ bezüglich seiner Coronapolitik mal wieder Äußerungen los, bei denen man nur den Kopf schütteln kann. Brasilien ist gemessen an den Coronatoten weltweit auf Platz 2 hinter den USA. Das scheint Bolsonaro kalt zu lassen. Statt Lösungen bietet er wieder nur homophobe Hetze.

Über 163.000 Menschen sind in Brasilien bereits in Folge der Corona-Pandemie gestorben. Eine Strategie konnte Präsident Bolsonaro bisher nicht vorlegen – stattdessen ließ er in den vergangenen Monaten eine Reihe seltsamer Statements vom Stapel. Er bezeichnete Reaktionen auf die Pandemie als „Hysterie“, da Corona ja nur eine „kleine Grippe“ sei und erklärte, die Brasilianer hätten ein so gutes Immunsystem, dass sie sich ja gar nicht anstecken könnten. Dann wurde er selbst positiv getestet. 

Nun rief er seine Landsleute theatralisch zum Kampf auf und forderte, Brasilien müsse aufhören, „ein Land von Schwuchteln zu sein“. Im Rahmen einer Rede über die Folgen für den Tourismus klagte er, alles, worüber heutzutage noch gesprochen würde, sei die Pandemie. Das müsse gestoppt werden.

„Ich bedauere die Todesfälle. Ich bedauere sie wirklich. Aber wir werden alle eines Tages sterben. Es ist sinnlos, der Realität zu entfliehen. Wir müssen aufhören, ein Land von Schwuchteln zu sein... Wir müssen uns dem stellen und kämpfen. Ich hasse diesen Schwuchtelkram'.“

Brasilien liegt gemessen an der höchsten Corona-Todesrate auf Platz 2 – bei den Morden an trans- und intergeschlechtlichen Menschen ist das Land weltweit sogar auf Platz 1. Und das, obwohl Brasilien für die Queercommunity eine der besten Gesetzgebungen Lateinamerikas hat. Doch die gesellschaftlich weit verbreitete Queerfeindlichkeit hält sich – auch dank der homophoben Rhetorik führender Politiker – noch immer hartnäckig, insbesondere in ärmeren Gegenden und fern der Großstädte.

In urbaneren Gegenden sieht es zum Glück anders aus. In den Großstädten herrscht eine andere Stimmung, es gibt queere Infrastruktur und große Veranstaltungen. Die São Paulo Pride gilt mit rund 3 Millionen Besuchern als größtes Pride Event der Welt. 

Gute Nachrichten: Monica Benicio, die Witwe der am 14. März 2018 erschossenen linken Politikerin Marielle Franco (wir berichteten), wurde gestern in das Stadtparlament von Rio de Janeiro gewählt. Sie bedankte sich in sozialen Medien bei ihren Unterstützern – und bei ihrem Hund. 


Bolsonaro droht Biden

Der selbsternannte 'stolze Homophobe' ist ein erklärter Verbündeter von Noch-US-Präsident Donald Trump. Die beiden rechtspopulistischen Präsidenten scheinen in der Tat noch mehr gemeinsam zu haben als rassistische und queer- und frauenfeindliche Ansichten: Ihre miserable Coronapolitik und die weltweit höchsten Todesraten werden Teil ihres Vermächtnisses sein.

Foto: Isac Nóbrega/PR / flickr.com / CC BY 2.0 / wikimedia.org

Donald Trump: „Die Beziehung zu Brasilien ist so gut wie niemals zuvor, wegen unserer Freundschaft.“

Bolsonaro gehört – wie Wladimir Putin – zu den wenigen Führern, die dem designierten Präsidenten Joe Biden noch nicht zum Wahlsieg gratuliert haben. Während der Kreml sich bedeckt hält, macht Bolsonaro aus seiner Abneigung gegen den Führungswechsel der USA keinen Hehl. So nutzte er auch seine Rede, um Joe Biden indirekt zu drohen und deutlich zu machen: Die Zeit der Verbundenheit ist vorbei. Der Anlass dafür: Der künftige US-Präsident setzte sich für den Schutz des Regenwaldes ein.

Foto: The White House from Washington, DC / wikimedia.org

In seiner ersten Präsidentschaftsdebatte mit Donald Trump erklärte der Herausforderer Biden Ende September, der Schutz des Regenwaldes habe eine hohe Priorität – er forderte Bolsonaros Regierung auf, mehr gegen die Zerstörung der so genannten „grünen Lunge“ zu tun, andernfalls würde er Handelssanktionen verhängen.

Daraufhin erklärte Bolsonaro nun:

„Wie gehen Sie mit so etwas um? Diplomatie allein funktioniert nicht.... Man braucht Schießpulver. Man muss es nicht benutzen. Aber sie müssen wissen, dass Sie es haben.“

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