Griechenland: Brutaler Mord an trans Frau schockiert

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Eine 46-jährige Kubanerin, die nach Griechenland geflüchtet war, um Diskriminierung und Hass zu entgehen, wurde in Athen brutal ermordet.

Am Montag (10. Juli) wurde Anna Ivankova mit mehreren Stichwunden in ihrer Wohnung im Athener Stadtteil Agios Panteleimon gefunden. Ihre Vermieterin hatte versucht, die Miete zu kassieren, und die Polizei verständigt, nachdem Anna nicht öffnete. Beamte der Polizeidirektion Attika teilten mit, am Tatort habe eine vorläufige Untersuchung stattgefunden und die Polizei sei nun dabei, die genaue Todesursache zu ermitteln. Es wurden keine Verdächtigen benannt.

Die gebürtige Kubanerin zog vor einigen Jahren nach Griechenland, nachdem sie in ihrem Heimatland Gewalt und Diskriminierung aufgrund ihrer Geschlechtsidentität erfahren hatte. Nach ihrem Umzug nach Athen begann Anna, im LGBTQ+-Klub Koukles zu arbeiten, wo sie Drag-Shows aufführte und bei der örtlichen Queer-Community einen großen Bekanntheits- und Beliebtheitsgrad erreichte. Seit September 2017 war Anna Ivankova Mitglied der Greek Transgender Support Association (GTSA), wo sie auch rechtliche Unterstützung für ihren Asylantrag erhielt.

Die GTSA, eine freiwillige Nichtregierungsorganisation, die sich für die Rechte und Freiheiten von trans*, gender-diversen und LGBTIQ*-Personen im Allgemeinen sowie von Sexarbeiter*innen einsetzt, forderte den Staat auf, alle notwendigen Maßnahmen für die vollständige Aufklärung des Falls und für die Herstellung von Gerechtigkeit zu ergreifen.

Die GTSA wies in ihrer Pressemitteilung auch darauf hin, dass Anna Ivankova in mehrfacher Hinsicht gefährdet war: als trans* Frau, als Geflüchtete, als PoC, als gelegentliche Sexarbeiterin. Nicht zuletzt deshalb trat Anna Ivankova als Testimonial für die Kampagne der aktuellen EU-weiten Umfrage der Agentur der Europäischen Union für Grundrechte (EU Agency for Fundamental Rights, FRA) auf, welche die Erfahrungen, Ansichten und Bedenken von LGBTIQ*-Personen erfasst. Die Ergebnisse sollen zum Vorantreiben politischer Maßnahmen zum weiteren Schutz und zur Förderung der Rechte von LGBTIQ*-Personen beitragen. Für Anna kommen sie in jedem Fall zu spät.

Über den Tod hinaus erniedrigt

Aufs Schärfste verurteilte die GTSA die Verbreitung falscher Informationen über das Opfer in den Medien. Die Nachricht von der Ermordung Anna Ivankovas wurde von einer Athener Nachrichtenagentur veröffentlicht, die das Opfer misgenderte und damit die Tatsache verschleierte, dass es sich um den Mord an einer transsexuellen Geflüchteten handelte. Obwohl in den sozialen Medien sofort gemeldet wurde, dass es sich bei dem Opfer um eine Transfrau handelt, haben einige Online-Zeitungen und andere Medien die Fehlinformationen bis heute nicht korrigiert.

Den Falschinformationen in der medialen Berichterstattung soll ein Polizeibericht vorausgegangen sein, in dem Ivankovas Geschlechtsidentität nicht respektiert wurde. Die griechische Polizei widerspricht dieser Darstellung. In den ersten Informationen der Generalpolizeidirektion Attika zu dem Vorfall sei nie von einem „Mann“ die Rede gewesen, sondern von einer „Person“. In der Stellungnahme der griechischen Polizei heißt es weiter, man respektiere die Würde und Rechte aller Menschen, einschließlich der Personen aus der LGBTI+-Community. Gleichzeitig werde daran gearbeitet, die Verfahren dahingehend zu verbessern, „um zweifelsfrei sicherzustellen, dass alle Bürger mit Respekt, Gerechtigkeit und Würde behandelt werden“.

Ist die Community in Griechenland sicher?

Auf der Rainbow Map 2023 der ILGA-Europe liegt Griechenland aktuell auf Platz 13 von 49 Ländern. Das Land rückte durch das Verbot der intersexuellen Genitalverstümmelung (IGM) im Vergleich zu 2022 um vier Plätze vor.

Grafik: ILGA-Europe

Klar ist aber auch, dass Griechenland bei der Gleichberechtigung noch weiterkommen muss. Der Jahresbericht 2023 der ILGA-Europa empfahl dem Land unter anderem,

Die GTSA verweist auf Aufzeichnungen des Racist Violence Recording Networks, wonach die Anzahl rassistischer Vorfälle und Diskriminierung gegen die trans* Community in Griechenland nach wie vor sehr hoch ist und 2022 etwa 20 Prozent der insgesamt erfassten Vorfälle ausmachen – eine Zahl, die im Vergleich zu der prozentual kleinen Gruppe an trans* und geschlechtlich diversen Personen unverhältnismäßig hoch ist. 2022 wurden nach Angaben des Netzwerks insgesamt 74 Vorfälle rassistischer Gewalt erfasst, von denen 38 queere Personen betrafen.

Erst vor wenigen Wochen hatte die GTSA in einer Pressemitteilung auf die Zunahme von Angriffen gegen LGBTIQ*-Personen in der Vorwahlperiode hingewiesen und den Staat aufgefordert, alle notwendigen institutionellen Maßnahmen zur Bekämpfung von Hassverbrechen zu ergreifen. Denn eines der größten Probleme ist, dass es – obwohl Griechenland Gesetze zu Hassverbrechen und Hassreden auf der Grundlage der Geschlechtsidentität verankert hat – derzeit keine politischen Maßnahmen zur Lösung des Problems gibt.

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