„Homosexuell zu sein ist kein Verbrechen“

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In einem der Agentur AP gewährten Interview forderte Papst Franziskus, Anti-LGBTIQ*-Gesetzen ein Ende zu setzen. Gesetze, die einvernehmliche homosexuelle Handlungen kriminalisieren und die Community diskriminieren, seien „ungerecht“, sagte der Papst kurz vor seiner Afrikareise.

„Homosexuell zu sein ist kein Verbrechen“, erklärte Papst Franziskus unmissverständlich während eines exklusiven Interviews mit The Associated Press am 24. Januar und forderte die Entkriminalisierung von Homosexualität. Gott liebe alle seine Kinder so, wie sie sind, betonte Franziskus. Anti-LGBTIQ*-Gesetze seien „ungerecht“ und die katholische Kirche könne und sollte daran arbeiten, ihnen ein Ende zu bereiten. „Das muss sie tun. Sie muss es tun “, insistierte der Papst.

Bischöfe müssen Veränderungsprozess durchlaufen

Franziskus räumte ein, dass katholische Bischöfe in einigen Teilen der Welt Gesetze unterstützen, die Homosexualität kriminalisieren oder LGBTIQ*-Personen diskriminieren. Solche Einstellungen führte er auf kulturelle Hintergründe zurück und sagte, dass insbesondere Bischöfe einen Veränderungsprozess durchlaufen müssten, um die Würde aller anzuerkennen. „Diese Bischöfe müssen einen Prozess der Bekehrung durchlaufen“, sagte der Papst und fügte hinzu, dass sie „bitte Zärtlichkeit üben sollten, wie Gott es für jeden von uns getan hat“.

Die Äußerungen von Franziskus erfolgten im Vorfeld seiner Reise nach Afrika. Die ursprünglich für Juli 2022 geplante Reise hatte Franziskus aufgrund gesundheitlicher Probleme verschieben müssen. Nun wird er vom 31. Januar bis 5. Februar den Kongo sowie Südsudan besuchen. Im Südsudan gilt für Muslime die Scharia, danach sind homosexuelle Handlungen strafbar. 2008 verabschiedete die autonome Regierung des Südsudan ein eigenes Strafgesetzbuch, das „Geschlechtsverkehr gegen die Naturordnung“ verbietet und eine Strafe von zehn Jahren Haft vorsieht. In der Demokratischen Republik Kongo sind homosexuelle Handlungen legal, gesellschaftlich aber tabuisiert und geächtet. Diskriminierung und ‚Korrekturvergewaltigungen‘ stehen an der Tagesordnung. 

Foto: Stringer / Anadolu Agency via AFP

Lob von ILGA World

Daten von ILGA World zeigen, dass 66 UN-Mitgliedsstaaten bis heute einvernehmliche gleichgeschlechtliche sexuelle Beziehungen kriminalisieren. Entsprechend groß ist die Freude von ILGA World über die Äußerungen des Papstes, die katholische Kirche und ihre Institutionen können und sollten eine aktive Rolle bei der Unterstützung der Entkriminalisierungsbemühungen spielen. „Wir können diesen Worten nicht mehr zustimmen“, schrieben Luz Elena Aranda und Tuisina Ymania Brown, Co-Generalsekretärinnen bei ILGA World in einer Pressemitteilung

„Eine so einfache Aussage hat jetzt das Potenzial, eine dringend benötigte Veränderung einzuleiten, und wird Millionen von Menschen in unseren Communitys auf der ganzen Welt Erleichterung verschaffen.“

Quelle: https://twitter.com/ILGAWORLD

„Vorübergehende Hilfe wird jedoch nicht ausreichen für diejenigen, deren Leben und Existenz ständig in Gefahr sind“, fügte Julia Ehrt, Geschäftsführerin von ILGA World, hinzu. 

„Wir drängen den Heiligen Stuhl, diesen Worten konkrete Taten folgen zu lassen. Die katholische Kirche und ihre Institutionen können und sollten eine aktive Rolle bei der Unterstützung von Entkriminalisierungsbemühungen auf der ganzen Welt und innerhalb der Vereinten Nationen und multilateraler Foren spielen, wo seit langem Forderungen laut werden, diese zutiefst falschen Gesetze abzuschaffen.“

„Die heutige Erklärung stellt einen bedeutenden Schritt nach vorn gegenüber diesem Gespräch dar, und wir hoffen, dass dies ein Wendepunkt in Richtung Gerechtigkeit, sinnvollem Respekt und mitfühlender Akzeptanz für LGBTIQ-Personen aller Glaubensrichtungen sein kann“, fuhren Luz Elena Aranda und Tuisina Ymania Brown fort. „Heute werden wir besonders an die Macht der Führung erinnert, positive Veränderungen zu bewirken. Bei ILGA World ehren wir jene Aktivisten und Verteidiger, die lange und hart für diese Momente gekämpft haben, einschließlich der vielen LGBTIQ-Gläubigen, die ihr Leben aufgrund der Gewalt und Diskriminierung verloren haben, die von der organisierten Religion aufrechterhalten werden.“

Von Verbrechen und Sünden

„Wir sind alle Kinder Gottes, und Gott liebt uns so, wie wir sind, und für die Kraft, mit der jeder von uns für seine Würde kämpft“, sagte Franziskus in dem Interview mit AP. In Bezug auf Homosexualität müsse zwischen einem Verbrechen und einer Sünde unterschieden werden. „Es ist kein Verbrechen. Ja, aber es ist eine Sünde“, sagte der Papst. „Gut, aber zuerst wollen wir zwischen einer Sünde und einem Verbrechen unterscheiden.“

„Es ist auch eine Sünde, keine Nächstenliebe miteinander zu pflegen.“

Bei genauem Lesen dürfte man verstanden haben, was Franziskus sagen wollte, dennoch sorgte der Papst mit der Äußerung über Homosexualität als Sünde für Aufsehen. In den Medien wurde es so dargestellt, als würde er an der abgedroschenen Lehre der katholischen Kirche festhalten, die Homosexualität als Sünde betrachtet. Nun räumte der Pontifex ein, dass seine Antwort in dem Interview falsch verstanden wurde. 

„Als ich sagte, dass es eine Sünde ist, hatte ich mich schlicht auf die katholische Morallehre bezogen, die besagt, dass jeder sexuelle Kontakt außerhalb der Ehe eine Sünde sei“, schrieb Franziskus in einem Brief an den US-amerikanischen Jesuiten-Priester James Martin, den dieser auf der Website des katholischen LGBTQ-Magazins Outreach, dessen Herausgeber er ist, veröffentlichte.

Quelle: https://www.facebook.com/OutrchCatholic

Franziskus erklärte, dass das Interview ein mündliches Gespräch gewesen sei und bei der Niederschrift gewisse Nuancen verloren gingen. Während des Interviews habe er sich ein hypothetisches Gespräch mit einer Person vorgestellt, die ihm widerspricht und sagt: „Homosexuell zu sein ist eine Sünde“. Woraufhin er die Antwort vorgeschlagen habe, dass es auch eine Sünde sei, „keine Nächstenliebe miteinander zu pflegen“.

In dem Brief an den Jesuiten-Priester unterstrich Franziskus nochmals, dass Homosexualität für ihn kein Verbrechen sei. „Und ich sage jedem, der Homosexualität kriminalisieren möchte, dass er falsch liegt“, schrieb der 86-Jährige.

Foto: Patrick T. Fallon / AFP

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