Flüchtlingsprotest in Kenia endet mit Tränengas und Schlagstöcken

by

Mit Tränengas und Schlagstöcken löste die kenianische Polizei Ende letzter Woche ein Sit-in von etwa 60 LGBTIQ*-Flüchtlingen vor dem Büro des Hohen Flüchtlingskommissars der Vereinten Nationen (UNHCR) in Kakuma, Kenia, auf.

Die Demonstranten hielten sich seit dem 27. April vor dem UNHCR-Büro auf und forderten eine rasche Umsiedlung in LGBTIQ*-freundliche Länder, zumindest aber mehr Sicherheit im Kakuma-Flüchtlingslager, in dem die Mehrheit der queeren Asylbewerber und Flüchtlinge lebt.

Damit haben die Demonstranten gegen die COVID-19-Ausgangsbeschränkungen verstoßen, weshalb sie vom UNHCR und anderen gewarnt worden wären, dass die Versammlung ihre eigene Gesundheit und die der anderen gefährden würde.

Da sich die Protestierenden aber nicht auflösten, habe der UNHCR die Polizei gerufen. Dies geht aus einem Video hervor, das die Anwältin für Transgenderrechte und Flüchtlinge, Doreen Andrewz, am 4. Mai auf Facebook gepostet hatte.

Es ist eine vertrakte Situation. Aufgrund der Corona-Pandemie sind Ende März 2020 alle Neuansiedlungen, also Umsiedlungen von Flüchtlingen in andere Regionen oder Länder, in denen ihnen weniger Gefahr droht, ausgesetzt worden - der Sicherheit halber. 

Doch die Demonstrierenden sehen sich im Lager ganz anderen Gefahren ausgesetzt. Nach eigenen Aussagen war eine Lesbe, die im Lager lebt, von Sudanesen angegriffen und vergewaltigt worden. Einer der verhafteten sudanesischen Verdächtigen sei von der Polizei so schwer geschlagen und misshandelt worden, sodass er im Krankenhaus verstarb.

Unmittelbar nach der Beerdigung des Mannes wären die sudanesischen Flüchtlinge mit Pangas und Messer in der Hand gegen die LGBTIQ*-Gemeinschaft vorgegangen, 

„weil wir der Grund dafür waren, dass ihr Bruder verhaftet und getötet wurde. Wir haben uns gesammelt und sind zum UNHCR-Büro in Kakuma gelaufen, um Schutz zu suchen.“

Unhaltbare Zustände

196.050 registrierte Flüchtlinge und Asylsuchende lebten laut der UNHCR-Website Ende März 2020 im Flüchtlingslager Kakuma. Unter den Flüchtlingen befinden sich auch hunderte queere Flüchtlinge aus homophoben ostafrikanischen Ländern, die einem erhöhten Risiko ausgesetzt sind. Die jüngste Bedrohung folgt einer ganzen Reihe von gewaltsamen Übergriffen auf die queere Community im Flüchtlingslager Kakuma (wir berichteten).

Quelle: https://www.google.de/maps/@0.3705341,35.1943381,6.65z

„Wenn man den direkten Bericht über einen schrecklichen gewaltsamen Mob-Angriff von Turkana-Einheimischen auf LGBTI-Flüchtlinge in Kakuma liest“, stellte Melanie Nathan, Menschenrechtsanwältin und Geschäftsführerin der in den USA ansässigen African Human Rights Coalition (AHRC), schon im Januar dieses Jahres fest, dann sei es „eindeutig nur eine Frage der Zeit, bis Schwule, Lesben und Transgender-Betroffene getötet werden“.

„Aus all den Berichten, die wir bei der AHRC erhalten, geht hervor, dass die Feindseligkeit täglich deutlich zunimmt und die Situation ein Pulverfass ist!“

Der UNHCR und die kenianische Regierung scheinen „nicht in der Lage zu sein, LGBTI-Flüchtlinge vor der Gewalt zu schützen, der sie bei der Suche nach Exil entkommen sind“, schrieb Nathan weiter.

Im aktuellen Fall hat die Polizei zumindest angekündigt, die Sicherheitsmaßnahmen zu verstärken und eine Helpline-Nummer einzurichten, über die etwaige Vorfälle rund um die Uhr gemeldet werden können. Da überall gemunkelt wird, an den Übergriffen in der Vergangenheit seien nicht nur andere Flüchtlinge, sondern auch die Organisatoren der Lager selbst beteiligt gewesen, bleibt nur zu hoffen, dass die Polizei, vor allem aber der UNHCR seiner Rolle gerecht wird.

Back to topbutton