Großbritannien entschärft Blutspendeeinschränkung

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Großbritannien hat seine Zulassungsbeschränkung zum Blutspenden für homosexuelle und bisexuelle Männer gelockert. Das teilte der staatliche Gesundheitsdienst (NHS) mit. Durch die am Montag zum Weltblutspendetag eingeführten Änderungen dürfen Homo- und Bisexuelle auch dann ihr Blut spenden, wenn sie in den vergangenen drei Monaten ein aktives Sexualleben geführt haben – vorausgesetzt, es handelte sich dabei nur um einen Partner.

Bisher waren homosexuelle Männer von Blutspenden ausgeschlossen, wenn sie zuvor Sex hatten. Alle potenziellen Spender ­also auch Homo- und Bisexuelle ­sollen weiter Fragen zu ihrem Sexualleben, ihrer Gesundheit und zurückliegenden Reisen beantworten müssen, erklärte der NHS. Anhand der Angaben werde eine individuelle Bewertung des Infektionsrisikos vorgenommen. Alle Blutspenden werden zudem untersucht, um die Weitergabe von Infektionskrankheiten wie HIV zu verhindern.  

Der britische Gesundheitsminister Matt Hancock bezeichnete die Maßnahme als „fantastischen Schritt nach vorn, um Blutspenden einfacher, fairer und inklusiver zu machen.“ Der Gründer der Kampagne Freedom to Donate, Ethan Spibey, lobte die neue Regelung als „eine der fortschrittlichsten Blutspende-Richtlinien der Welt".  Den Aidshilfe-Gruppen National Aids Trust und Terence Higgins Trust geht die Maßnahme hingegen nicht weit genug. Auch weitere Ausschlusskriterien müssten „dringend überprüft werden", forderte die National-Aids-Trust-Vorsitzende Deborah Gold.   

Nach Angaben von Terence Higgins Trust wurde ein „diskriminierendes Kriterium“ beibehalten, das besonders schwarze Menschen von einer Spende ausschließe: Wer einen Partner hat, der in Teilen der Welt sexuell aktiv war oder gewesen sein könnte, wo die Krankheit Aids und das HI-Virus stark verbreitet sind, bleibt von der Spende ausgeschlossen. Dies betrifft viele Länder Afrikas. In Schottland und Wales, wo Regionalregierungen über die Gesundheitspolitik bestimmen, wurde dieses Ausschlusskriterium laut Terence Higgins Trust bereits entfernt. In England bestehe sie jedoch weiterhin. 

In Deutschland ist weiterhin keine Änderung der Bestimmungen abzusehen. Das kritisierten auch die queerpolitischen Sprecher*innen von Grünen und FDP im Bundestag.

Kordula Schulz-Asche, Berichterstatterin für Infektionsschutz, Arzneimittel und Medizinprodukte und Sven Lehmann, Sprecher für Queerpolitik der Grünen Bundestagsfraktion:

„Immer noch sind Männer, die Sex mit Männern haben, als Blutspender pauschal nicht erwünscht. Und das, obwohl händeringend Blutspender*innen gesucht werden. Es ist und bleibt willkürlich und unbegründet, warum bestimmten Personengruppen für eine Blutspende eine einjährige sexfreie Zeit vorgeschrieben wird.“ 

Die beiden Bundestagsabgeordneten verweisen auf internationale Beispiele, die deutlich machen, das Deutschland hinterherhinke. In Dänemark dürften demnach Männer, die Sex mit Männern haben, in einer festen Beziehung ohne Rückstellfrist spenden. In Bulgarien, Italien und Portugal würde, wie jetzt auch in Großbritannien, jede Person individuell nach ihrem sexuellen Risikoverhalten befragt, unabhängig der sexuellen Orientierung. Ein Jahr Abstinenz, sei

eine Phantasie-Frist, wissenschaftlich völlig unbegründet.

Foto: https://jbrandenburg.abgeordnete.fdpbt.de

Jens Brandenburg, LSBTI-politischer Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion äußert sich in einer Pressemitteilung ähnlich deutlich:

„Die Blutkonserven sind in der Pandemie knapp geworden und reichen in manchen Regionen nur noch einen Tag. Das kann Leben kosten. Im Lockdown verschobene Operationen werden den Bedarf erhöhen. Das pauschale Blutspendeverbot für homo- und bisexuelle Männer verschärft die Knappheit unnötig. Krankenhäuser und Patienten sind dringend auf jede einzelne Blutspende angewiesen. Der diskriminierende Ausschluss lässt sich wissenschaftlich längst nicht mehr begründen. Blut ist nicht schwul oder hetero. 12 Monate vorgeschriebene Enthaltsamkeit sind medizinisch unnötig und lebensfremd. Statt haltloser Vorurteile soll nur tatsächliches Risikoverhalten möglicher Blutspender entscheidend sein. Das Blutspendeverbot aufgrund der sexuellen Identität gehört abgeschafft. Es gefährdet Patienten und diskriminiert homo- und bisexuelle Männer. Kein Patient soll sterben müssen, weil der mögliche Blutspender der Richtlinie zu schwul war."

*AFP/ck

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